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Von seinem gier’gen Wunsch, der ihn nicht freute
Und jeden heute noch zum Lachen trieb.

109
Des tollen Achan auch, des Diebs der Beute,[1]

Der, wie es scheint, noch hier nicht tragen kann
Des Josua Zorn, der ihm im Leben dräute.

112
Sapphiren tadeln wir und ihren Mann,[2]

Und loben den, der hinwarf Heliodoren;[3]
Den ganzen Berg umkreist mit Schande dann

115
Polynestor, der todtschlug Polydoren,[4]

Zuletzt erklingt es: Crassus, sprich, wie schmeckt[5]
Das Gold, das du zur Lieblingsspeis’ erkoren?

118
Der redet laut, der leis und unentdeckt,

Je wie der Drang des Leids, das wir erproben,
Uns minder oder mehr erregt und weckt.

121
Ich sprach vom Heil, das wir am Tage loben,[6]

Hier nicht allein, nur daß zu lautem Klang,

Die mir hier nah sind, nicht die Stimm’ erhoben.“
124
Wir richteten nun vorwärts unsern Gang,

Nachdem wir diesen Schatten kaum verlassen,
So schleunig, als es nur der Kraft gelang. –

127
Da aber zitterten des Berges Massen,[7]

Als stürz’ er hin und Furcht erfaßte mich,
Wie sie den, der zum Tod geht, pflegt zu fassen.

130
Nicht schüttelte so heftig Delos sich,[8]

  1. 109. Achan. Josua 7.
  2. 112. Apostelgesch. Kap. 4 und 5.
  3. 113. Heliodorus. Maccab. B. 2 Kap. 3. [Bild von Rafael in den Stanzen des Vatican.]
  4. 115. Polynestor, König von Thracien, tödtete nach der Aeneis, den Polydorus, welchen sein Vater Priamus während der Belagerung von Troja mit einem Theile der königlichen Schätze zu ihm gesandt hatte, und bemächtigte sich des ihm zur Verwahrung anvertrauten Gutes.
  5. 116. Als Crassus’ Leichnam von den Parthern gefunden ward, schnitten sie ihm den Kopf ab, und setzten ihn in geschmolzenes Gold mit den Worten: Aurum sitisti, aurum bibe.
  6. 121–123. Antwort auf die V. 36 enthaltene Frage.
  7. 127. Die Ursache dieses Ereignisses wird im folgenden Gesange erklärt.
  8. 130. Latona, um der Eifersucht der Juno zu entfliehen, flüchtete sich auf das schwimmende Eiland Delos, wo sie die Kinder des Zeus, Apollo und Diana (Sonne und Mond), gebar. Vor der Geburt kündigten heftige Erschütterungen der Insel das große Ereigniß an.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_313.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)