Ob deren Namen Götter sich gegrollt,[1]
Wo Strahlen jeder Wissenschaft entbrennen,
Der’s wagte, deine Tochter zu umfassen!“
Allein der Herr, der liebreich schien und hold,
„Wird Jener, der uns liebt, von uns verdammt,
Was thun wir dann an solchen, die uns hassen?“
Und einen Jüngling dort, von ihr gesteinigt,
Todt! Todt! so schrie’n sie wüthend allesammt.
Deß Last ihn zu der Erde niederrang,
Doch seinen Blick dem Himmel stets vereinigt,
„Vergieb der Wuth, die gegen mich entbrannte!“
Mit einem Blicke, der zum Mitleid zwang.
Zurück zu dem, was wahr ist außer ihr,
Und ich nun den nicht falschen Wahn erkannte,
Mich gleich dem Schläfer, der erwacht, erblickte:
„Nicht halten kannst du dich! Was ist mit dir?
Dein Knie, du taumeltest, dein Auge brach,
Als ob dich Schlummer oder Wein bestrickte.“
Ich drauf zu ihm – „„so will ich dir verkünden,
- ↑ 98. Neptun und Athene stritten sich, wer der Stadt den Namen geben sollte. Der erstere schenkte deshalb das Pferd, aber die letztere siegte durch das werthvollere Geschenk des Oelbaums.
- ↑ 106. Die Steinigung des heil. Stephanus.
- ↑ 115. Was er sah, war zwar ein Traum, aber kein Wahn. In seinem Innern war dem Dichter in voller Wahrheit das schöne Bild der Sanftmuth erschienen. Aber diese innere Beschauung allein bereitet die Förderung nur vor. Vorwärts kommt der Mensch nur, indem er den Geist wieder nach außen wendet. Dazu fordert den Dichter Virgil auf, der wohl erkannt hat, was in ihm vorgegangen ist. (V. 133 ff.)
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_284.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)