Die kleiner wird, je mehr man aufgeklommen.
Erscheint dir’s dann so leicht empor zu steigen,
Als ging’s im Kahn hinab den schnellen Fluß;
Dann wirst du sanft von deinen Mühen ruhn.
Dies ist gewiß, vom Andern muß ich schweigen.“
Ganz nah’ bei uns: „Eh’ ihr so weit gegangen
Wird euch vielleicht zu sitzen nöthig thun.“
Und linkshin lag ein Felsenblock uns nah,
Der bis dahin mir und auch ihm entgangen.
Verdeckt vom Felsen und in seinem Schatten,
In welchen ich ein Bild der Trägheit sah.
Saß dorten und umarmte seine Knie,
Die das gesunk’ne Haupt inmitten hatten.
Begann ich, „„sieh nur hin, mein süßer Leiter,
Denn sicher sahst du einen Trägern nie.““
Hob, doch nur bis zum Schenkel, das Gesicht,
Und sprach: „Bist du so stark, so geh’ nur weiter.“
Noch athemlos vom Klettern, vorzustreben
Bis hin zu ihm, und sah ihn, als ich dicht
„Zur Linken fährt der Sonnenwagen fort,“
Begann er nun, „hast du wohl Acht gegeben?“
- ↑ 106. Wir sehen hier einen Faulen, welcher, nicht ohne einen Anflug gutmüthigen Spottes, das lebendige Streben der Andern betrachtet und mit möglichst kurzen Worten, in seiner bequemen Stellung sich kaum bewegend, auf das, was er hier für besonders merkwürdig hält, aufmerksam macht. Dieser Belacqua war, nach Benvenuto d’Imola, ein Meister in der Verfertigung von Zithern und Lauten, deren Hälse und Köpfe er mit künstlicher Schnitzarbeit verzierte, selbst Musiker, und durch Dante’s Liebe zur Musik mit ihm befreundet.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_222.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)