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Dann pausirten wir. An dem offenen Fenster, wo wir standen, floß das Mondlicht mit dem dürftigen Kerzenschein zu einer unbestimmten Dämmerung zusammen. Anne Lene stand athmend neben mir, sie schien mir ungewöhnlich blaß. „Wollen wir aufhalten?“ fragte ich sie.

„Weshalb, Marx? Es tanzt sich heut’ so schön!“

„Aber du verträgst es nicht?“

„O doch! – Was liegt daran!“

Wir tanzten schon wieder, als sie die letzten Worte sprach. Wir tanzten noch lange. Als aber Anne Lene mit der Hand nach dem Herzen griff und zitternd mit dem Athem rang, da bat ich sie, mit mir in den Garten hinab zu gehen. Sie nickte freundlich, und wir gingen aus dem Saal nach ihrem Zimmer, um ein Umschlagtuch für sie zu holen. – Ich fühlte wohl damals schon, daß die Sorge um Anne Lenes Gesundheit mich nicht allein zu jener Bitte veranlaßt hatte; denn als wir die Treppe zu dem dunkeln Flur hinabstiegen, war mir, als wenn ich mit einem glücklich geraubten Schatz in’s Freie flüchtete.

Mir ist aus jenen Stunden noch jeder kleine

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Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_56.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)