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Wieb aber, deren Augen mit großer Aengstlichkeit an ihrer jungen Herrin hingen, griff in die Tasche und drückte der Bettlerin eine Münze in die Hand. „Geh nun, Trin’,“ sagte sie, „Du kannst zur Nacht wiederkommen; was hast Du nun noch hier zu suchen?“

Allein diese ließ sich nicht abweisen. Sie richtete sich hoch auf, indem sie mit einem Ausdruck überlegenen Hohnes auf die Alte herabsah. „Zu suchen?“ rief sie, und verzog ihren Mund, daß das blendende Gebiß zwischen den Lippen hervortrat. „Mein Muttergut such’ ich, womit Ihr die Löcher in Eurem alten Dache zugestopft habt.“

Wieb machte Miene, Anne Lene in’s Haus zu ziehen.

„Bleib Sie nur, Mamsell,“ sagte das Weib und ließ die empfangene Münze in die Tasche gleiten, „ich gehe schon; es ist hier doch nichts mehr zu finden. Aber,“ fuhr sie fort, mit einer geheimnisvollen Geberde sich gegen die Alte neigend, „auf Deinem Heuboden schlafe ich nicht wieder. Es geht was um in Eurem Hause, das pflückt des Nachts den Mörtel aus den Fugen. Wenn nur das alte hoffärtige

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Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_30.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)