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menschlichen. Oder unterwirft er jemals den Herrn, welchem er dient, der Kritik, und fällt es ihm auch nur einmal ein, die Ideen der Sittlichkeit, Religiosität, Ehrlichkeit u.s.w., für deren Dienst er wirbt, nach ihrem Kern zu fragen? An ihnen steht ihm, als an festen Grenzen, der Verstand still, und jede weitere Erhebung, jede Erlösung und Befreiung von diesem absoluten Herrn ist dem von diesem Punkte an urtheilsvollen Fürsten unmöglich. So scharfsinnig er sich auch erweisen mag, als sittlicher Mensch, so durchaus geistlos ist er im Urtheil über den Menschen, ein treues Abbild seines tugendpriesterlichen, armseligen Dichters.

Im entgegengesetzten Glauben eingekerkert und mit Fanatismus ihm ergeben, ist die Mutter Martial. Auch das Verbrechen hat und muss seine Fanatiker haben, die daran glauben, und es zu Ehren bringen wollen: die Mutter Martial ist eine — Lasterheldin. Sie lebt und stirbt für ihr Ideal, das Verbrechen. Wie die Tugendgläubigen, so ist auch sie, die Lastergläubige, von einer fixen Idee um alle Entwicklung und Schöpfung ihrer selbst gebracht; sie muss untergehen mit diesem Pathos, weil sie nicht heraus kann. Auch für sie gilt jenes „Hier steh ich, ich kann nicht anders.“ Erstarrt und ergraut in ihrem Glauben, ist sie der Kritik, der einzigen Erlösung von jedem bis zur unnahbaren Heiligkeit anschwellendem Wahne so unfähig, wie irgend ein anderer Gläubiger; ja alle Gründe, welche sie daraus erretten könnten, dienen ihr vielmehr, wie es bei Wahnsinnigen der Fall ist, zur Bestärkung. Für sie giebt es keine andere Erfahrung, als die der Schickungen, welche der Wahn, der ihr Leben abspinnt und zu realisiren sucht, auf sie hereinbrechen lässt: sie macht nur unsittliche und heillose Erfahrungen, wie ihre Gegenfüssler nur sittliche und fromme machen.

Der Glaube an die Tugend zur festen Gesinnung geworden, ist der Geist Rudolphs; das Laster als feste