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was ihm mehr und mehr durch die möglich gewordene Wissenschaftlichkeit und vernünftige Behandlung aller Lehrobjekte leicht gemacht wird (ich erinnere nur beispielsweise an Beckers Leistungen für die deutsche Grammatik), und durch diese Veredlung seinen Gegner aus der festen Position verdrängen. Da der Realismus so gut als der Humanismus davon ausgeht, dass es die Bestimmung aller Erziehung sei, dem Menschen Gewandtheit zu verschaffen, und Beide z. B. darin übereinkommen, dass man sprachlich an alle Wendungen des Ausdrucks gewöhnen, mathematisch die Wendungen der Beweise einschärfen müsse u. s. w., dass man also auf Meisterschaft in Handhabung des Stoffes, auf Bemeisterung desselben hinzuarbeiten habe: so wird es gewiss nicht ausbleiben, dass auch der Realismus endlich als letztes Ziel die Geschmacksbildung anerkenne und die formirende Thätigkeit obenan stelle, wie das schon jetzt zum Theil der Fall ist. Denn in der Erziehung hat ja doch aller gegebene Stoff nur darin seinen Werth, dass die Kinder lernen, etwas damit anzufangen, ihn zu gebrauchen. Wohl darf nur Nützliches und Brauchbares, wie die Realisten wollen, eingeprägt werden; allein der Nutzen wird doch einzig im Formiren zu suchen sein, im Verallgemeinern, im Darstellen, und man wird diese humanistische Forderung nicht abweisen können. Die Humanisten haben darin Recht, dass es vornehmlich auf die formelle Bildung ankommt — darin Unrecht, dass sie diese nicht in der Bewältigung jedes Stoffes finden; die Realisten verlangen das Richtige darin, dass jeder Stoff auf der Schule angefangen werden müsse, das Unrichtige dann, wenn sie nicht die formelle Bildung als hauptsächlichen Zweck ansehen wollen. Der Realismus kann, wenn er die rechte Selbstverläugnung übt und sich nicht den materialistischen Verführungen hingiebt, zu dieser Ueberwindung seines Widersachers und zugleich zur Versöhnung mit ihm kommen. Warum feinden wir ihn nun dennoch an?