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behaupten will, weil ich es bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher darzustellen gedenke – die des Verhältnisses zwischen Mündigen und Unmündigen, zwischen Herrschenden und Dienenden, Gewaltigen und Machtlosen, kurz die Unterthänigkeitsperiode. Abgesehen von jedem anderen Grunde, der zu einer Überlegenheit berechtigen mochte, hob die Bildung, als eine Macht, Den, der sie besass, über den Ohnmächtigen, der ihrer entbehrte, empor, und der Gebildete galt in seinem Kreise, so gross oder klein derselbe war, als der Mächtige, der Gewaltige, der Imponierende: denn er war eine Autorität. Nicht Alle konnten zu dieser Herrschaft und Autorität berufen sein; darum war auch die Bildung nicht für Alle und eine allgemeine Bildung widersprach jenem Prinzipe. Die Bildung verschafft Ueberlegenheit und macht zum Herrn: so war sie in jenem Herrn-Zeitalter Mittel zur Herrschaft. Allein die Revolution durchbrach die Herrn- und Diener-Wirthschaft, und der Grundsatz trat in’s Leben: Jeder sei sein eigener Herr. Damit war die notwendige Folge verknüpft, dass die Bildung, die ja zum Herrn macht, forthin eine universelle werden musste, und die Aufgabe stellte sich von selbst ein, nunmehr die wahrhaft universelle Bildung zu finden. Der Drang nach universeller, Allen zugänglicher Bildung musste zum Kampfe gegen die hartnäckig behauptete exklusive anrücken, und die Revolution musste auch auf diesem Felde gegen das Herrentum der Reformationsperiode das Schwert zücken. Der Gedanke der allgemeinen Bildung stiess zusammen mit der ausschliesslichen, und durch manche Phasen und unter allerhand Namen zog sich Krieg und Schlacht bis in den heutigen Tag herein. Für die Gegensätze, die in feindlichen Lagern einander gegenüber stehen, wählt Heinsius die Namen Humanismus und Realismus, und wir wollen sie, so wenig zutreffend sie auch sind, doch als die gewöhnlichsten beibehalten.