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Landtagsabschied enthalte leere und unbestimmte Worte, um die Stände einstweilen zu beschwichtigen.» Hat der Richter die Befugniß, anständige, schickliche Worte eines Schriftstellers durch unziemliche, ehrfurchtverletzende Redensarten zu commentiren? Und hat er diese Befugniß nicht – mit welchem Ausdrucke soll man es bezeichnen, wenn er auf Grund eines solchen Sinn und Wort entstellenden Commentars mich der ärgsten Vergehen schuldig erklärt? Den selbstgeschaffenen Inculpaten, nicht mich, hat das Erkenntniß verdammt! In den Bemerkungen über den Landtagsabschied ist weder ein logischer noch ein historischer Irrthum enthalten; Ungeziemendes der Form nach liegt nicht in meinen Worten, sondern kommt erst durch den Commentar des Richters hinein; somit bleibt kein Grund zu einem Strafurtel, wenn anders man nicht jede öffentliche Besprechung eines Landtagsabschieds für strafwürdig hält. Und dies – so unwahrscheinlich es klingt – scheint allerdings die Meinung des erkennenden Richters zu sein. In Betreff der incriminirten Aeußerung: «Die Unbestimmtheit des königlichen Bescheides mußte nothwendig mehrfache Deutung veranlassen», hatte ich in der ersten Vertheidigung folgende Bemerkung gemacht: «Ist etwa ‚Unbestimmtheit‘ ein Wort, das im gemeinen Leben als geringschätzend oder ehrfurchtverletzend gilt? Wie oft wird in ministeriellen Declarationen derselbe Ausdruck auf landesherrlich vollzogene Gesetze angewendet, und wem in aller Welt fällt es dabei ein, an Majestätsbeleidigung zu denken?» Das vorliegende Erkenntniß antwortet: »Inculpat kann hiergegen nicht geltend machen, daß nicht selten, sowol von Behörden als von einzelnen andern Schriftstellern gesetzliche Bestimmungen als unklar und unbestimmt dargestellt wurden. Zunächst besteht nämlich ein sehr erheblicher Unterschied zwischen einem Gesetz und einer bei einer besondern Veranlassung ausgesprochenen speciellen Willensmeinung Sr. Majestät. Ein fernerer

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_196.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)