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strafen sollte, müßte jeder – auch der anständigste – Tadel strafbar sein. In den Protokollen, deren Anführung hier um so nothwendiger ist, je weniger sie von dem Richter beachtet worden, habe ich mich über die incriminirten Äußerungen also ausgelassen : „Es wird wol nicht geleugnet werden, daß alle und jede Censur eine ‚Bevormundung‘ ist; eben so wenig läßt sich überhaupt der Begriff der ,Anmaßung` von dem der Censur trennen, da doch so häufig der censirte Schriftsteller in jeder Hinsicht bedeutend höher steht als sein Censor. Wollte ich die Klagen unserer vorzüglichsten Geister über Censurzwang zusammenstellen, so würde ich nicht so bald ein Ende finden. Kant’s beste Schriften wären ungedruckt geblieben, hätte er sie nicht im Auslande drucken lassen. Herder beschwert sich bitter darüber, daß die Rücksicht auf die Regierung ihm in seinen geschichtlichen Arbeiten ein stetes Hemmniß sei etc. Die Censur wird mehr oder minder zu einer ‚anmaßenden Bevormundung‘, zu einer ,Unterdrückung der öffentlichen Meinung’ (insoweit sich diese durch die Presse kund gibt), je nachdem dieselbe mit größerer oder geringerer Strenge gehandhabt wird; daß sie aber in Preußen beiweitem strenger als in den andern an Bildung uns keineswegs nachstehenden Ländern ausgeübt wird, ist allgemein anerkannt. Es ist das eine Thatsache, für welche Niemand Beweise zu geben braucht, außer mir, der ich wegen des Aussprechens dieser Thatsache zu einem Criminalprocesse verurtheilt bin.“ Die von mir vorgebrachten Belege meiner Behauptung – mehre Censurexemplare der Königsberger Zeitung, in denen ganz unverfängliche inländische Artikel gestrichen; die durch ein hohes Ministerialrecsript verbotene Besprechung der hannoverschen Angelegenheiten; Bescheide der höhern Censurbehörde, welche erst drei bis sechs Monate nach der Beschwerde erfolgten etc. – die Richtigkeit aller dieser Beläge wird nicht in Abrede gestellt, sondern nur dabei bemerkt, „daß einzelne Beispiele für den

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_187.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)