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Grande catalan, estremeño oder gallego. Von diesem traurigen Bilde weichen nur Wenige ab; ist es glaublich, daß in beiden Heeren kein einziger geborner Grande mit dem Degen in der Faust gedient hat? – Als ehrenvolle Ausnahme dieser Granden nenne ich mit Freuden die Marquis von Villafranca und Monesterio und den Grafen von Orgaz, die mit Aufopferung ihres großen Vermögens und seltener Uneigennützigkeit eine Zeit lang dem Hauptquartiere ihres königlichen Herrn folgten, und später zu diplomatischen Missionen verwendet wurden. Keiner von ihnen hat mit seinen Eiden gefeilscht, und das ist immer ruhmwürdig und ehrenvoll, zur Zeit in der wir leben.“

Der Marquis von Altamira, wie er seiner ältesten Grandezza wegen gewöhnlich genannt wurde,[1]


  1. In Spanien gibt der Titel Herzog, Marquis oder Graf, die einzigen der Grandezza, (mit Ausnahme der Familie Rubielos und eine Branche von Pacheco, die gar keinen Titel, als Señor, führen und doch Granden sind) keinen Rang unter derselben. Daher Grafen, wie z. B. Parsent, aus dem Hause Ynfante de la Cerda, und Orgaz, aus dem Hause Crespy (siehe Gesänge des Cid) den Rang vor mehreren Herzogen [80] haben, da lediglich die Antiquität der Grandezza, das Datum des Kopfbedeckens (cobrar), da die Granden vor dem Könige ihr Haupt bedecken, den Rang verleiht. Daher geschieht es, daß viele, die Herzoge sind, diesen Titel einem mindern nachstellen und gewöhnlich nicht führen, besonders wenn er durch Heirathen (por las hembras) ererbt oder ein ausländischer (meist italienischer, der ehemals spanischen Provinzen) ist. So nennt sich z. B. der Chef des Hauses Toledo nur Marquis von Villafranca, obgleich er Herzog von Medina Sidonia (erheirathet) ist, sein nachgeborner Bruder und sein ältester Sohn die Titel als Herzoge von Bivona (in Neapel) und Fernandina (Sicilien) führen. Der einzige Unterschied der spanischen Herzoge vor den übrigen Adelsklassen besteht darin, daß sie alle Granden sind, viele Marquis und Grafen jedoch nur Titulos von Castilien. Die „Grandes estranjeros,“ fremde Familien, denen der König die Ehren-Grandezza verleiht, haben gar keinen Rang, und gehen auch neueren spanischen Granden nach. Hievon sind ausgenommen die Häuser Aremberg (wegen Arschott und Mark), Ligne, Croy und Merode, die als spanische Vasallen in den Niederlanden Granden wurden; doch gehören in diese Cathegorie viele französische Häuser, die seit Philipp V. die Grandezza erhielten, wie z. B. Montmorency, [81] Noailles, la Motte Houdancourt, Serrant, Esclignac, wie auch mehrere Oesterreicher, die von Kaiser Carl V. bis König Carl II. datiren, als Lamberg, Althann Khevenhüller, und in der neusten Zeit Metternich, so wie viele italienische Häuser. – Sowohl Carl V. als Königin Christine waren mit Verleihungen von Grandezzen sehr sparsam. Ersterer hat in Spanien nur drei ausgetheilt. Zumalacarregui ward nach seinem Tode zum Herzog de la Victoria erhoben, welchen Titel Espartéro, ohne Sieg, durch Königin Christine für sich nachäffen ließ. In dem posthumen Diplom Zumalacarregui’s heißt es, daß sein Eidam, Gemahl seiner ältesten Tochter, da er keinen Sohn hinterlassen, den Titel Herzog de la Victoria führen und den Namen Zumalacarregui dem seinen vorsetzen solle. Der Marquis von Val de Espina, Präsident der Junta von Biscaya und der Baron von Hervez, Sohn des, in Morella nach dem Tode Ferdinand VII. enthaupteten, ersten Carlisten-Chefs, letzterer als Graf von Samitier, sind die beiden andern durch Carl V. ernannten Granden.


Empfohlene Zitierweise:
Felix Lichnowsky: Erinnerungen aus den Jahren 1837, 1838 und 1839. Zweiter Theil. Frankfurt am Main 1841, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_LICHNOWSKY_E_2_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)