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Frau Otti hatte den Sarg geschlossen. Wir kehren nach oben in die Kapelle zurück. Vor der Tür lärmen die Hunde. Sie wollen hinein … Wir setzen uns in einen der Betstühle. Das Kruzifix leuchtet vom dunklen Altar her. Durch grüne verstaubte Butzenscheiben dämmert der Sommertag herein: Ein Licht wie unter Wasser, wie auf flachem Meeresgrund.

Ich spreche über Saalborg, über meine Zweifel …

„… Wenn Saalborgs Gattin unsere Brieftauben benutzte, – – weshalb wählte sie diesen umständlichen Weg?!“

Ungeklärtes, Ungeahntes schwebt in der Luft.

Frau Ottis geistige Regsamkeit spürt gleichfalls diesen Fragen nach, die haltlos wie Schemen uns umgaukeln.

Wir kommen zu keiner Lösung. Wir schweigen, und die Stille der Kapelle wiegt uns in schnell gleitende Gedanken ein – hierhin, dorthin, ziellos, traumhaft.

Selbst die Hunde draußen sind verstummt.

„Ich muß zur Stadt zurück“ … – und die Prosa ist wieder da … Die harte Melodie der Wirklichkeit. Die Hunde kratzen wieder und jaulen, und wir gehen still durch den Park.

Ein Imbiß noch zu zweien, ein Schluck Wein aus köstlichen Römern, und das Auto gleitet hinweg … Frau Otti steuert, wir sprechen über das Gut, über Ernteaussichten. Vor uns taucht ein einsamer Wanderer auf … Rasch Perücke, Bart … – ein Blick in den Spiegel …

„Reimert ist’s,“ meint Frau Otti. „Sein Rad ist beschädigt, sagte er mir heute früh.“

„Dann muß ich aussteigen …“

„Wiedersehen …“

Ein Handkuß, ein freundliches Lächeln … ein Winken …

Ich beeile mich. Ich hole Reimert dicht vor der Chaussee ein. Er geht sehr langsam, schleppt seinen Rucksack, hinkt etwas.

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Max Schraut: Dämon Chanawutu. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1928, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:D%C3%A4mon_Chanawutu.pdf/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)