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Loggia XII.


Peter Paul Rubens.




Der glänzendste Name der deutschen Kunstgeschichte des 17. Jahrhunderts ist der des Peter Paul Rubens. Kein Künstler seines und des nachfolgenden Jahrhunderts hat ihn an Talent, Phantasie, Vielseitigkeit und Arbeitkraft erreicht; im Zeitalter des Michel Angelo würde er mit diesem um die Palme des Sieges mit grossem Erfolg gerungen haben.

P. P. Rubens, Sohn des Dr. Johann Rubens in Antwerpen, der sich 1568 vor politisch-religiösen Verfolgungen nach Cöln geflüchtet, geb. daselbst (oder im benachbarten Siegburg) 1577, aber nach des Vaters Tode 1578 mit Mutter und Geschwistern nach Antwerpen übergesiedelt, erlernte die Kunst zuerst bei dem Landschaftsmaler Verhaegt, dann bei Van Oort, und endlich bei Otto van Veen, auf dessen Rath er 1600 nach Italien ging. 1607 verliess er Rom und kehrte nach einem kurzen Aufenthalte in Genua 1608 nach Antwerpen zurück, ward 1609 erzherzoglicher Hofmaler, verheirathete sich 1613 mit Elisabeth Brandt, und nach deren 1628 erfolgtem Tode 1630 mit Helene Forman, fing 1635 an zu kränkeln und starb an der Gicht am 30. Mai 1640.

Hohe geistige wie ausdauernde leibliche Kraft bilden wie bei Michel Angelo die Grundbedingungen seiner bewundernswürdigen Kunstthätigkeit; desshalb kehren in der

Kuppel (Tafel 27)

die allegorischen Bilder derselben aus der Loggia XII der italienischen Abtheilung hier wieder. Sein Geist umfasste die ganze sichtbare und die unsichtbare Welt: heilige wie profane Geschichten, Christenthum wie Heidenthum, Allegorien, Bildnisse, Stadt- und Landleben, hohes, edles wie gemeines, Landschaften und Stillleben. Sass er vor der Staffelei, so war es, als ob die Phantasie ihr reichstes Füllhorn über ihn ausschütte; aber oft lag reine Liebe schlummernd unter ihr und eine wüste bacchanalische Gruppe wachend hinter ihm. – Da trat es mehrfach zu Tage, was Cornelius mit dem Rundbilde in der Mitte sagen will, wo der Genius der Rubensschen Kunst der Göttin zu Sais (der Natur) den verhüllenden Schleier entreisst und mit brennender Fackel ihre Blössen beleuchtet. – Die beiden Flussgottheiten Rhein und Schelde weisen auf Geburt und Tod des Künstlers hin.

Die Königin Maria Medicis von Frankreich hatte Rubens im Jahre 1620 beauftragt, eine lange Reihe von Darstellungen aus ihrem Leben für das Palais Luxembourg in Paris zu malen; er war 1625 in Paris und legte ihr die Entwürfe derselben zu Füssen.

Rubens ward auch mit verschiedenen diplomatischen Sendungen beauftragt. Von einer derselben gibt das Mittelblatt der

Lunette (Tafel 28)

Kunde. Der niederländische Hof hatte ihn 1628 zu König Philipp IV. nach Madrid gesendet, um ihm die Noth des Landes und die Klagen des Volkes vorzutragen. Er richtete seinen Auftrag mit solcher Liebenswürdigkeit und Gewandtheit aus, dass König Philipp nebst seinem Minister Olivarez in ihm die geeignetste Persönlichkeit erkannte, den Krieg zwischen Spanien und England

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)