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Loggia IV.


Die cölnische Malerschule.




Hoch berühmt und weit verbreitet war die Malerschule von Cöln; aber über ihrer Geschichte liegt noch tiefes Dunkel, wenn auch in den letztverflossenen Jahrzehnten manches geschehen ist, es aufzuhellen. Noch gibt es in Cöln Malereien aus dem 13. Jahrhundert und vom Anfang des 14. Aber ein namhafter Meister tritt erst um 1380 auf; ihm ist das eine Bild der

Kuppel (Tafel 40)

gewidmet. Von ihm schreibt die Limburger Chronik zum Jahr 1380: „In dieser Zeit war ein Maler zu Cöln, der hiesse Wilhelm. Der war der beste Maler in allen Teutschen Landen, als er ward geachtet von den Meistern. Er malet einen jeglichen Menschen von aller Gestalt, als hätte er gelebt.“ – Er war von Herle, einem Dorfe in der Nähe von Cöln, wird aber als Meister Wilhelm von Cöln in der Kunstgeschichte aufgeführt. Da man besonders seine Madonnenbilder gepriesen, so hat ihn Cornelius dargestellt, wie ihm – während er vor seiner Staffelei kniet – die heilige Jungfrau mit dem Christkind in einer Glorie von Engeln erscheint.

Er hatte viele Schüler, die weit umher seine Kunst verbreiteten. Der vorzüglichste von ihnen, der auch in allen Stücken ihn übertraf, war der Meister Stephan, der das berühmte Cölner Dombild gemalt, die Anbetung der Könige mit der h. Ursula und ihren Jungfrauen und dem h. Gedeon nebst seiner Kriegerschaar. Es ist dies das Altargemälde, von welchem Albrecht Dürer im Tagebuch seiner niederländischen Reise schreibt: „Item hab 2 weiss pf. von der Taffel aufzusperren geben, die Maister Steffan zu Cöln gemacht hat;“ und Martin von Guaden in seiner „teutschen Nation Herrlichkeit, Cölln 1609“ berichtet: „Dürer bewunderte dieses Bild, war aber ganz erstaunt, als man ihm sagte, der Meister dieses Werks sei im Spital gestorben und erwiderte: „Ei, dass mögt ihr Euch wohl beruhmen, wird Euch feine Ehr sein, nachzureden, einen solchen Mann, durch den Ihr einen ruhmlichen Nahmen erwerben kunnen, also verächtlich und elendig hinzuweisen.“ Wir sehen im zweiten Bilde der Kuppel das traurige Lebensende des grossen Künstlers auf ärmlichem Strohlager im Spital, wie ihm der letzte Trost der Kirche gebracht wird.

Neben den Bildnissen von Meister Wilhelm und Meister Stephan sind noch diejenigen von Nicolaus Wurmser und Theodorich von Prag in die Ornamente eingefügt; denn in der Hauptstadt Böhmens blühte gleichzeitig unter dem kunstliebenden König Carl IV. eine ansehnliche Malerschule.

Wenn nun Cornelius die Eintheilung und Ornamentik der Loggia Giotto’s auf diese Loggia der deutschen Seite übergetragen, so scheint er der irrthümlichen Ansicht gefolgt zu sein, dass die cölnische Malerschule, sowie die florentinische des Giotto noch halbbyzantinisch gewesen seien. Die cölnischen Meister aber schöpften ihre Ideale nur aus der Phantasie; Giotto’s Quelle war das wirkliche Leben. Wenn jedoch in der

Lunette (Tafel 41)

die christlichen Tugenden des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, als Leitsterne der cölnischen und der ihnen verwandten Malerschulen hingestellt sind, so kann die Geschichte keinen Einspruch erheben.

Dagegen geräth sie in Verlegenheit, wenn sie die Seitenbilder mit der

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/54&oldid=- (Version vom 31.7.2018)