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Die Anordnung, dass die beiden Bilderfolgen der italienischen und der deutschen Kunst gleichsam ein zweitheiliges Gesammtwerk mit einem gemeinsamen Mittelpunkt bilden, hat Cornelius veranlasst, die räumliche Eintheilung und Ornamentierung der italienischen Seite auf der deutschen zu wiederholen, wesshalb sich die Beschreibung der letzteren um vieles kürzer fassen lässt. Ein Vasari für die deutsche Kunst stand dem Cornelius nicht zu Gebote, obschon Van Mauder – wenn er spätere Arbeiten zu benutzen nicht für gerathen fand – einige ähnliche Dienste hätte leisten können. Als Leitfaden für seine Darstellungen diente ihm ein „Abriss der deutschen Kunstgeschichte“, den ihm sein Freund Sulpice Boisserée geschrieben hatte.


Loggia I.




Aus dem eben angegebenen Grunde wiederholen sich in der

Kuppel (Tafel 1)

die Bilder derselben Stelle in der ersten Loggia der italienischen Abtheilung, wofür noch der Umstand mitgewirkt hat, dass ja auch die deutsche Kunst aus keiner anderen Quelle, als der christlichen Religion, geflossen. Aber in ihren Ruhmeskranz flicht die Muse der Geschichte die Namen Carl Martell, Pipin, Carl d. Gr., Ludwig der Fr., Ludwig der Deutsche, Eginhard, Alcuin, Lothar I., Carlmann, Winfried. Dagegen enthält die

Lunette (Tafel 46)

ein anderes Bild, um ihre allmählich weitere Entwickelung und unbeengte Bewegung zu bezeichnen. Der Genius der Menschheit trägt in seinem Aufschwung zu geistiger Freiheit die Kunst zu den Sternen empor; dankbar nährt sie die Flamme, womit er das Leben erleuchtet und erwärmt.

Aber wenn sie früher nur der Kirche und ihren Heiligen sich gewidmet, angelangt in Regionen, wohin die Wolken des Weihrauchfasses nicht reichen, hat sie sich auch mit den Göttern Griechenlands befreundet und sich von ihnen beschenken lassen. Zeus reicht ihr die goldene Schale mit dem Labetrunk der Unsterblichkeit; Apollon weckt mit den Klängen seiner Lyra ihre Begeisterung; von Athene empfängt sie Weisheit und Wissen, von Herakles ausdauernde Kraft; aber wenn das Flügelross der Poesie in bacchanalischen Anwandlungen zu ungestüm wird, nahen die Grazien, dasselbe zu besänftigen und der Liebesgott fällt ihm in den Zügel.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/51&oldid=- (Version vom 31.7.2018)