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Luini, geb. zu Luino am Lago maggiore, schon im Jahre 1500 ein namhafter Künstler; sein Todesjahr ist so wenig, als das seiner Geburt bekannt. – Marco d’Oggionno, war schon 1490 als selbständiger Künstler thätig und starb 1530. Von ihm rührt eine sehr gute Copie des Abendmahles von Leonardo in Fresco her, die im Refectorium des Klosters zu Castellazzo war, bei der Abnahme von der Mauer aber zu Grunde ging; eine andere Copie desselben Bildes in Oel und in der Grösse des Originals, ursprünglich im Refectorium der Karthause von Pavia befindet sich jetzt in der Akademie in London.

Lunette (Tafel 18)

führt uns in zwei Bildern von der Stunde der Geburt Leonardos zum Augenblick des Todes. Da liegt das neugeborne Knäblein in der Pflege der Grazien, in ihren Armen gewiegt, mit Blumen von ihnen überschüttet, während gleichzeitig Minerva das Füllhorn ihrer Gaben über ihn ausleert, der jugendlichen Mutter aber die erste Labung nach der Entbindung gereicht wird.

Auf dem zweiten Bilde haben wir es wiederum mit einer schönen und rührenden Erzählung zu thun, welcher zu ihrem poetischen Werth leider die materielle Wahrheit fehlt. Im Jahre 1506 war Leonardo nach Frankreich übergesiedelt. „Endlich alt geworden, erzählt Vasari, lag er viele Monate krank. Der König (Franz I.), welcher ihn oft liebevoll besuchte, kam eines Tages, nachdem er das Sacrament als Vorbereitung zum Tode empfangen hatte, zu ihm. Leonardo richtete sich ehrfurchtsvoll empor, um im Bette zu sitzen, schilderte ihm sein Uebel mit allen Zufällen, und sagte wie er gegen Gott und Menschen gefehlt habe, dass er in der Kunst nicht gethan hätte, was ihm Pflicht gewesen wäre. Diese Anstrengung veranlasste einen stärkeren Paroxysmus, welcher Vorbote des Todes war. Der König erhob sich und hielt ihm das Haupt um ihm eine Hülfe zur Erleichterung seines Uebels zu erweisen; da erkannte Leonardos göttlicher Geist, es könne ihm grössere Ehre nicht widerfahren und er verschied in den Armen des Königs, im fünfundsiebzigsten Jahre seines Lebens.“

Unübertrefflich schön und wahr hat Cornelius die Begebenheit nach dieser Erzählung dargestellt, von welcher die Geschichte selbst nur die Thatsache beglaubigt, dass Leonardo sich der höchsten Gunst des Königs zu erfreuen hatte. Ausserdem aber berichtet sie: Leonardo wohnte zu St. Cloud und starb daselbst am 2. Mai 1519 in seinem 67sten Jahre. Der König war (nach seinem Tagebuch) zu derselben Zeit in St. Germain en Laye, und Leonardos Schüler, Francesco Melzi, der bei seinem Tod zugegen war und ihn den Brüdern desselben anzeigte, erwähnt nichts von der Gegenwart des Königs, was er – wenn sie stattgefunden, – nicht unterlassen haben würde.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/42&oldid=- (Version vom 31.7.2018)