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der Wehrhaftigkeit des Landes gerichtet. König Friedrich Wilhelm IV. war gestorben; König Wilhelm folgte neuen Impulsen. Cornelius sah sich in seinen Erwartungen getäuscht, blieb aber mit ausdauernder Treue am begonnenen Werke, so dass in den nächstfolgenden Jahren sämmtliche Cartons für die eine Wand des Camposanto mit den Darstellungen aus der Apokalypse vollendet wurden.

Während er zu den Zeichnungen der zweiten Wand über ging, spürte er einen Nachlass seiner Kräfte. Dennoch führte er mit einer an Zorn über den herrschenden Unglauben grenzenden Begeisterung die Bekehrung des zweifelnden Jüngers Thomas aus; und hatte auch noch den Carton zur Ausgiessung des H. Geistes der Vollendung ganz nahe gebracht, als er seine Hand ermatten sehen musste.

Nach dem Tode seiner zweiten Frau hatte er sich 1861 zum dritten Male vermählt mit einer jungen Urbinatin, die den Lebensabend des grossen Künstlers mit hingebender Liebe zu verschönen gewusst und durch treuausdauernde Pflege das Scheiden ihm erleichtert hat. Cornelius sah dem nahenden Tod fest und seelenruhig ins Auge, und starb – mit klarem Bewusstsein bis zum letzten Athemzug – am Morgen des 6. März 1866. Die Nachricht von seinem Tode ward überall, obwohl sie nicht überraschen konnte, mit tiefer Trauer vernommen. Mit grosser Feierlichkeit und unter Betheiligung der Vertreter von Kunst und Wissenschaft, des Hofes, der Regierung, der Stadt und vieler Bewohner von Berlin fand die Beerdigung statt auf dem Kirchhof an der Liesenstrasse vor dem Oranienburger Thor.

Cornelius war Mitglied aller europäischer Kunstakademien, Vicekanzler des k. preuss. Ordens pour le mérite für Kunst und Wissenschaft, dessgleichen Ritter des k. bayr. Civil-Verdienst-Ordens und des Maximiliansordens für Kunst und Wissenschaft, des k. schwedischen Nordsterns, der franz. Ehrenlegion und vieler andern Orden, Mitglied des „Institut“ in Paris etc. Unter den ihm erwiesenen Ehrenbezeigungen legte er übrigens den grössten Werth auf das von der theologischen Facultät ihm im Jahre 1844 übersandte Diplom eines Doctors der Philosophie.

Die Geschichte aber unsers Vaterlandes wie der allgemeinen Culturentwickelung des neunzehnten Jahrhunderts umgiebt seinen Namen mit unvergänglichem Glanze. Sie feiert in ihm einen der bevorzugtesten und reichsten Geister unserer Zeit, von unerschöpflicher Phantasie, von Grossartigkeit der Gedanken, von hohem, schöpferischem Formensinn und seltener Kraft der Durchbildung, den Gründer einer neuen deutschen Kunst. Inmitten eines beschränkten Nazarenerthumes, das sich nicht über die Kirchenmauer hinauswagte, hielt er sich an die Kraftäusserungen der romantischen Zeit; er erfasste mit freiem, philosophischem Geist die poetischen Wahrheiten der Göttersage des Alterthums; und ward doch zugleich der Schöpfer einer neuen, fest im evangelischen Glauben begründeten christlichen Kunst. Sein Beruf war sein Leben; in seinem künstlerischen Schaffen lag sein religiöses Glaubensbekenntniss. Fremd und zuwider war ihm aller nichtige Schein; er war wahrhaftig in Wort und That, keiner versteckten, feindseligen Handlung auch nur in Gedanken fähig; Rom liebte er wegen des mächtigen Einflusses, den es auf sein künstlerisches Schaffen hatte; aber sein Herz schlug dem Vaterlande: er lebte und starb als ein treuer, deutscher Mann.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)