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wurden zum Opfer gebracht; und nur die Freude blieb davon als Niederschlag: die Compositionen für jene zu entwerfen!

Cornelius hatte weder die Kunstgeschichte zu seinem Studium gemacht, noch war er, was man einen „Kunstkenner“ nennt. Er kannte die Künstler aus ihren Werken, soweit er diese zu sehen Gelegenheit gehabt; danach stand ihm eines Jeden Werth und Eigenthümlichkeit klar vor Augen; aber auf eine Unfehlbarkeit in der Benennung einzelner Bilder nach ihren Urhebern machte er keinen Anspruch, wie auch die historische Kritik der Nachrichten über dieselben ihm fremd war. Das Poetische, was die Geschichte der Kunst und der Künstler enthält, wusste er von seiner Umhüllung zu lösen, und diese Arbeit beschäftigte ihn bereits in den Winterabenden von 1829 auf 1830.

Im Frühjahr 1830 waren die Glyptothek-Fresken beendigt. Mit dem neuen Auftrag für die St. Ludwigskirche ging er im Julius d. J. nach Italien und zeichnete für dieselbe in Rom den Carton zur Kreuzigung Christi und verschiedene Entwürfe für den Corridor der Pinakothek; Arbeiten, die er auch nach seiner Rückkehr im Julius 1831 (namentlich mit dem Carton zur „Geburt Christi“) fortsetzte.

Als er bis zur Aufgabe gekommen, den Carton zum Jüngsten Gericht zu zeichnen, hielt er es für gerathen, wieder an die Quelle zu gehen, aus der er so oft schon Stärkung seiner künstlerischen Kraft geschöpft, nach Rom. Zwei Jahre blieb er dort und kam wohlbehalten mit dem ausgeführten Carton dieser grossartigen Composition 1835 wieder nach München. Eine schwere Krankheit, offenbar die Folge zu grosser Anstrengung, brachte im Winter 1835 auf 1836 sein Leben in Gefahr; erst im Sommer konnte er es wagen, die Ausführung des Jüngsten Gerichts in Fresco zu beginnen.

Einen Ausflug nach Paris im Herbst 1838 und nach Stuttgart zur Feier der Enthüllung der Schillerstatue im Frühjahr 1839 abgerechnet, blieb er unausgesetzt bei den Arbeiten für die Ludwigskirche und für den Corridor der Pinakothek.

Während er mit dem Aufbieten aller seiner geistigen wie körperlichen Kräfte der Ausführung des kolossalen Bildes vom „Weltgericht“ sich hingab, zog ein neues Gewitter über ihn herauf von einer Seite, von welcher er am wenigsten Schlimmes vermuthen konnte. Das freundschaftliche Verhältniss zu Gärtner, der inzwischen in der Gunst des Königs an Klenzes Stelle getreten, war allmählich erkaltet und nahe daran in’s Gegentheil umzuschlagen; gleichzeitig hatte sich die Theilnahme des Königs für Cornelius bis auf das kleinste Maass vermindert. Der Zusammenhang beider Erlebnisse trat bald deutlich an den Tag. Als Cornelius dem König die Anzeige gemacht, dass das „Jüngste Gericht“ vollendet sei und Ihn eingeladen, dasselbe in Augenschein zu nehmen, ging Se. Majestät nicht mit ihm, sondern mit dem Architekten v. Gärtner nach der St. Ludwigskirche und liess Cornelius, der ihm dahin folgen wollte, durch den Thürsteher zurückweisen.

Obschon Cornelius drei Sääle der Glyptothek in Fresco, und grossentheils in bewundernswürdiger Weise gemalt, war der König zu der Vorstellung gekommen oder gebracht worden, er könne nicht malen, und hatte damit Seine frühere Begeisterung für ihn erstickt und dem Gedanken, ihn zu verlieren, den Stachel genommen.

Rasch war Cornelius entschlossen, nun auszuführen, was er schon früher einmal beabsichtigt hatte. Noch fühlte er sich nicht zu einem Invalidenposten verurtheilt. Noch war er sich gesunder schaffender Kräfte bewusst.

In Preussen war Friedrich Wilhelm IV. seinem Vater auf dem Thron gefolgt und suchte sich mit geistigen Grössen in allen Fächern zu umgeben. Kaum hatte er Nachricht von des Cornelius Erlebnissen in München, als er ihn unter den glänzendsten Bedingungen nach Berlin berief, wohin denn auch derselbe im Frühjahr 1841 von München übersiedelte.

Anfangs war er noch mit einem Oelbild für den Grafen Ath. Raczynski „Christus in der Vorhölle“ beschäftigt. Im Herbst 1841 machte er eine Reise nach London, wohin ihn Lord Monson eingeladen, der einen Saal seines Schlosses mit Compositionen von ihm wollte ausmalen lassen. Der Tod des Lords während der Anwesenheit von Cornelius in London vereitelte die Unternehmung; dazu befiel ihn auf der Rückreise eine Augenkrankheit, die ihn mit Erblindung bedrohte, und von der er erst nach Monaten unter sorgfältiger Pflege genas.

König Friedrich Wilhelm, der sich selbst gern mit künstlerischen Arbeiten beschäftigte, trug sich mit vielen grossen Unternehmungen, sowohl für Architektur und Sculptur, als für Malerei. Und als Cornelius nur andeutungsweis das christliche Epos berührte, von dem seine Seele voll war, und das er vor der Aufgabe der St. Ludwigskirche hatte zurückstellen müssen, da griff es der König mit Enthusiasmus auf und gründete darauf einen ins Riesenhafte anwachsenden Bauplan.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)