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vom Bilde, um das letztere auszuschliessen oder nur zu vernachlässigen. Wenn auch ein in der christlichen Idee tief wurzelndes Urbild durch Häresie verzerrt oder innerhalb der Kirche selbst zeitweise durch Aberglauben oder künstlerische Misshandlung entweiht wurde, so konnte das an seiner ewigen Gültigkeit doch nichts ändern. Es kam nur darauf an, das Gebiet der Symbolik rein zu erhalten, nicht es zu verlassen. Wenn andrerseits Kleingläubigkeit und missverstandener Eifer, unberechtigten Forderungen der Ungläubigen nachgebend, die Idee, ausgedrückt im Symbol, wie eine gemeine Thatsache der Natur oder der Profangeschichte durch sogenannte natürliche Erklärungen und aktenmässige Beweise rechtfertigen zu müssen meinte und damit in’s Gedränge kam, so ändert das eben so wenig an der ewigen Gültigkeit des Symbols. Es kam nur darauf an, das Symbol als solches zu erkennen.

Eine so klare und scharfe Erkenntniss der echten christlichen Symbolik als eines grossen architektonisch gegliederten Systems besassen die Kirchenväter, die Mystiker des Mittelalters, die Schöpfer des Cultus, des christlichen Kalenders und sämmtlicher kirchlichen Künste. Nur in dieser Erkenntniss ist die Kirche äusserlich wie innerlich ausgebaut worden. Nur in ihr kann sie erhalten oder, wo sie in Verfall ist, wieder erbaut werden. Unter den schweren Verhängnissen aber, die über die Kirche gekommen sind, ist es dahin gediehen, dass die von den Gläubigen selbst nur zu sehr vergessene Symbolik gleichsam eine Beute und ein Tummelplatz für die Feinde

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_p_016.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)