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die allgemeine antikirchliche Strömung wenig auszurichten vermocht. Erst muss die Kirche wieder innerlich erbaut seyn, ehe sie sich auch äusserlich im reinen bräutlichen Schmucke der Kunst zeigen kann. Aber es regt und bewegt sich überall, wie eine Auferstehung der Kirche. Auf dem Felde der Wissenschaft wird die kirchenfeindliche Usurpation Jahr um Jahr siegreicher zurückgeschlagen. Das Volksleben selbst durchdringt wieder mehr christlicher Geist, und es ist nicht mehr möglich, die Frage zu unterdrücken, ob nicht dem Bilde neben dem Worte wieder sein altes Recht gebühre? Nicht nur in Deutschland, auch in dem noch weit verweltlichteren Frankreich bricht allmählig eine tiefe Sehnsucht der Kirchlichgesinnten auch nach kirchlicher echter und gerechter Kunst hervor. Zwar ist die Kirche äusserlich verarmt, aber ihr Geist ist reich und mächtig, und je lebendiger er erwacht, um so gewisser wird er auch fromme Künstler erwecken. Die Kirche fehlt der Kunst, die Kunst fehlt der Kirche. Zwischen beiden bestehen tief geheime Bande, die in ihrem beiderseitigen Wesen liegen und nicht auf immer zerrissen werden können.

Die Frage hat aber auch eine wissenschaftliche, eine theologische Seite. Die Symbolik ist nicht blos Spiegel, sie ist auch Quelle des Dogmas, denn die heiligsten Mysterien sind im Worte offenbart, welches zugleich Bild ist. Die Offenbarung im Bilde enthält den ganzen Schatz der Lehre, wie die im Worte, auch da, wo sie auseinandertretend einander nur spiegeln. Nicht ungestraft trennt man das Wort

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_p_015.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)