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heiligen Könige im Traum und schenkten ihm als Gegengabe drei Büchsen, die eine voll vom Gold der Weisheit, die andere von der Myrrhe der Busse, die dritte vom Weihrauch der Demuth. Erwachend sah er die Könige nicht mehr, fand aber die drei Büchsen, und lebte noch 33 Jahre im Glück und Segen.

Von Wichtigkeit für die Symbolik ist das Jahresfest der heiligen drei Könige am 6. Januar, sonst auch das Erscheinungsfest oder Epiphania genannt, zugleich der Tauftag Jesu und der Tag der Hochzeit zu Cana. Es hat für die Natur die Bedeutung einer grossen Lichtfeier, weil es vierzehn Tage nach der Wintersonnwende fällt und das erste Wachsen des Tageslichts anzeigt. Seine sittliche und geschichtliche Bedeutung aber ist, dass es als das Stern- und Dreikönigsfest den Heiden das neue Licht, als Christi Tauffest den Juden die Taufe als Weihe zum neuen Glauben bringt, und dass es endlich als Fest der Weinverwandlung zu Cana das Abendmahl und den Opfertod des Heilandes vorbedeutet.

Das heilige Dreikönigsfest wurde früher in der katholischen Kirche auf eigenthümliche Weise begangen. In älteren Zeiten mussten an diesem Tage die Fürsten vor dem Altare Opfer darbringen. Aber um an diesem Tage recht viele Könige zu haben, erwählte jede Familie sich einen König durch's Loos einer in einen Kuchen gebackenen Bohne. Wer diese Bohne in seinem Antheil fand, war für diesen Tag König oder Bohnenkönig. Auch ging ein schöner Knabe im Gewand eines Engels durch die Strassen, einen Stern auf hohem Stabe tragend, und sang ein sogenanntes Dreikönigslied. Vgl. Purpurviolen II. 159.

In Bezug auf die Kirchenbilder, auf denen die drei Könige dem Kinde huldigend ihre Gaben bringen, ist zu bemerken, dass, je mehr ihre Pracht mit der Armuth der Krippe contrastirt, um so mehr göttliche Hoheit in dem Kinde und der Mutter ausgedrückt seyn soll. Nichts ist unwürdiger, als hier menschliche Gemeinheiten anzubringen, wie z. B. Rubens gethan, der das Kind neugierig und behaglich

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_502.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)