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nämlich auch einen Abendchor im Westen, gegenüber dem östlichen am jenseitigen Ende des Schiffs, bestimmt zu Zusammenkünften der Dom- und Stiftsherren. So zu Worms, Oppenheim, Naumburg.

Der Chorschluss war rund oder muschelförmig, ehe er sich sechs-, acht- und mehrseitig gestaltete. Die runde Form entsprach dem griechischen und römischen, die vielseitige dem deutschen Styl. In der Mitte des Chors steht der Altar frei, so dass man hinter ihm herumgehen kann. Seine Kehrseite wird erhellt durch ein sehr grosses Fenster. Das ist das Hauptfenster der Kirche, auch von aussen gesehen, im Schluss des Chors. Es dient gleichsam, das Licht von Osten her aufzunehmen.

Rechts vom Altar ist der Thron des Bischofs angebracht, mit dem die längs beiden Seiten des Chors aufgestellten Chorstühle der Chorherren, Dom- oder Stiftsherren oder Mönche und Nonnen beginnen. Je mehr dieser Personen, je länger muss auch der Chor seyn. Links vom Altar befindet sich die Sakristei (secretarium) mit den heiligen Geräthen, Ornaten etc. Den Chor trennte das sogenannte Triumphthor oder der Gewölbebogen von oben, unten ehemals ein Vorhang, jetzt noch ein Gitter. Rechts vom Gitter am Hauptpfeiler, der den Chor vom Schiffe trennt, ist gewöhnlich das Sakramenthäuschen angebracht. Daselbst am Gitter auch der Ambon (Pult, zu dem man aufsteigt, von ἀμβαίνω) für das Vorlesen der Evangelien, links eine andere für die Epistel. Kreuser, Kirchenbau I. 103. Desgleichen der sogenannte Lettner (lectorium), jetzt nur noch eine Antiquität. Daselbst 105.

Das Schiff bildet den mittleren Hauptraum der Kirche, zur Aufnahme der Gemeinde. Die Zahl seiner Pfeiler hängt, wie oben gesagt, von der Zahl der Chorschlussseiten ab, entsprechend dem richtigen architektonischen Maass der Länge, Breite und Höhe. Durch Seitenschiffe, von denen jedes wieder durch Pfeiler abgesondert ist, wird der innere Raum beträchtlich ausgedehnt. Den grössten Luxus solcher Seitenschiffe findet man in den spanischen Kirchen. Durch sie ist

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_482.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)