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und unten. Die Scene ist dargestellt auf einem alten Bild in Siena. Kunstblatt 1827, S. 208.

Auch noch im Himmel vertritt Johannes der Täufer das alte Testament, das Gesetz im Gegensatz gegen das neue Testament und die Gnade. Auf altdeutschen Bildern des Weltgerichts, z. B. auf dem berühmten Genter Altar und auf vielen andern steht dem richtenden Heiland zur Rechten dankend für die Seligen Maria, zur Linken fürbittend für die Verdammten der Täufer.

An das grosse Johannesfest (24. Juni) knüpfen sich eine Menge Volksgebräuche, die zum Theil aus der frühern heidnischen Feier der Sommersonnwende herstammen. Man glaubte, in der Johannisnacht, der kürzesten im Jahre, von wo an die Nächte wieder länger werden und die unterweltlichen Mächte mit der Finsterniss der Natur Meister werden über die oberweltlichen des Lichts, seyen die Felder, die Brunnen, das Vieh, die Menschen selbst schädlicher Bezauberung durch die frei gewordenen Dämonen ausgesetzt, wogegen nur das heilige Feuer schützen könne. Man zündete daher in der Johannesnacht auf Bergen grosse Feuer an, die man durch Hineinwerfen von heiligen Kräutern weihte, durch die man das Vieh jagte, die Menschen selbst hindurchsprangen, von denen man ferner Brände nahm und durch die Felder trug, oder an denen man feurige Räder entzündete und über den Berg hinab, gewöhnlich in einen Fluss laufen liess. Das Heidnische in diesen Gebräuchen ist in Grimms deutscher Myth. 582 f. erörtert und gehört nicht hieher. Durandus (rat. off. VII. 14.) berichtet, die Heiden hätten den Leichnam des Täufers verbrannt, und zum Andenken daran werden im Johannesfeuer alte Knochen, Schuhe, Besen etc., alles Unreine vom letzten Jahre verbrannt, der Rauch davon aber vertreibe die in der Luft umfliegenden Drachen. Durandus selber fügt hinzu, es sey hier eine alte heidnische Sitte nur in den christlichen Gebrauch übergegangen.

Der Täufer fand besondere Verehrer, die an seinem grossen Feste gemeinschaftlich aus einer grossen Schüssel

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 447. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_447.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)