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hängt auf's Genaueste mit der Auferbauung der christlichen Kirche zusammen. Statt des zertrümmerten Jerusalem auf Erden ist den Christen das himmlische verheissen.

Als Christus zum letztenmale nach Jerusalem ging, schien nichts zu verkündigen, dass es sein Todesgang sey. Im Gegentheil sammelte sich das Volk um ihn, begrüsste ihn in frohem Jubel, streute Gewande und Palmen auf seinen Weg zu der Eselin Füssen, auf welcher er ritt, und rief: „Hosianna dem Sohne Davids!“ Matth. 21. Mark. 11. Luk. 19. Joh. 12. Es war der Höhenpunkt seines Ansehens unter dem Volke. Er zog in den Tod wie ein König zum Siege. Die nächste Veranlassung aber war das bevorstehende Osterfest in Jerusalem, welches er mitfeiern wollte, aber auf eine Weise, die Niemand ahnen konnte, nämlich um das jüdische Fest zum christlichen zu erheben, und das Sinnbild durch das Urbild selbst zu ersetzen. Deshalb nahm der Heiland auch die Ehrenbezeugungen des Volkes, die er sonst verschmähte, diesmal an. Es war seine Weihe zum Tode, das Hosianna des Volkes verbarg in sich schon das „Kreuzige, kreuzige!“

Als der Heiland auf diesem seinem letzten Wege durch Jericho kam, wollte ihn der kleine Zachäus, ein reicher Zöllner, auch gerne sehen, konnte aber durch das Volksgewühl nicht durchdringen und stieg deshalb auf einen Feigenbaum. Als Jesus ihn sah, rief er ihm zu: „Steige herab, denn ich muss heute bei dir einkehren.“ Nachdem er aber des Zachäus Gast gewesen, gab dieser Alles, was er je als Zöllner durch Betrug erworben, vierfach zurück und die Hälfte seiner Güter den Armen. Da sprach der Herr beim Abschiede: „Diesem Hause ist heute Heil widerfahren, denn des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Luk. 19.

Lukas knüpft hieran das Gleichniss von den zehn Knechten, welches dem von den fünf klugen und fünf thörichten Jungfrauen einigermassen entspricht, hier aber erhabener erscheint wegen des grossen Moments. Christus spricht auf

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 434. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_434.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)