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Kinder, wodurch der hoffnungs- und zukunftslose Zustand der Juden unter den Römern bedeutet wird. Da verheisst dem Zacharias Gott der Herr noch im höchsten Greisenalter einen Sohn, wie einst dem Abraham, woraus die stellvertretende Bedeutung des Johannes für Abrahams Volk noch bestimmter hervorgeht. Diesmal aber ist die Spätgeburt nicht im physischen, sondern im geistigen Sinne zu verstehen; denn der verheissene Sohn ist nicht wie Isaak der physische Gründer eines neuen Volkes, sondern er ist der Täufer Johannes, durch den das Volk auf geistige Weise dem lange verheissenen und endlich erschienenen Messias zugeführt werden soll. Johannes repräsentirt das jüdische Volk in seiner endlichen Erhebung zur christlichen Potenz.

Zacharias glaubte an die göttliche Verheissung nicht, d. h. die Juden waren schon so überlebt, dass sie an den Messias, den sie so oft ersehnt, als er endlich wirklich kam, gar nicht mehr glauben wollten. Er verlangte ein Zeichen, da machte Gott ihn stumm und liess ihn nicht eher wieder reden, als bis er den Namen seines Sohnes aussprechen sollte. Elisabeth aber glaubte und war des Kindes froh, das sie unter dem Herzen trug. Sie hatte es sechs Monate früher empfangen, als Maria das ihrige. Daher tritt Johannis des Täufers Geburt genau ein halbes Jahr früher ein, als die des Heilands; jene zu Johanni in der Sommersonnwende, diese zu Weihnachten in der Wintersonnwende. Zu Johanni hat die Sonne ihren höchsten Lauf vollendet und sinkt von nun an. Bei allen heidnischen Völkern galt dieser Tag als Tod der Sonne. Zu Weihnachten aber beginnt die neue Sonne des Jahres; das war bei allen Heiden der Geburtstag der Sonne. Die Natur wird hier zum Bilde der Geschichte. Der Sinn ist, dass im Täufer Johannes, als dem letzten grossen Propheten, sich das Judenthum vollendete, um in Jesu Christo einer neuen Religion den Weg zu bereiten.

Auf Bildern der Heimsuchung hat Maria gewöhnlich ein grünes Kleid, in der Farbe der Hoffnung. Noch bestimmter ist die Farbensymbolik auf dem schönen Altarbilde von Hans

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_381.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)