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Steinen in einem blumenreichen Garten zu begraben, sehr schön und dem Begriff christlicher Brüderlichkeit angemessen. Bei Lukas 11, 47. heisst es: „Ihr baut den Propheten Gräber, nachdem eure Väter sie getödtet haben.“

Das strenge christliche Verbot, die Todten in ihrer Ruhe zu stören, hängt mit der Lehre von der Auferstehung des Fleisches zusammen und entspricht dem hohen Werthe, den man auf ein ehrliches Begräbniss legt.

An die Gräber der Heiligen knüpfen sich unzählige Wunder. Sie werden entdeckt durch einen Lichtglanz, durch Heilungen, durch Andacht von Thieren. Zur Beurkundung ihrer Heiligkeit oder der Unschuld von Martyrern wachsen aus den Gräbern Lilien, Palmen, ein Weinstock etc. Die Gräber der Heiligen verbreiten einen lieblichen Wohlgeruch, es fliesst von ihnen heilsames Oel. Kranke, die zu ihnen wallfahrten, genesen, Sünder werden bekehrt, Trug wird entlarvt etc. Die Acta SS. sind voll davon. Von den getrennten Gräbern des heiligen Injuriosus und seiner frommen Frau sagt die Legende, sie seyen unter der Erde zusammengerückt. Von dem Grabe des Abtes Thomas zu Daphne im Gegentheil müssten alle Weiber, die neben ihn begraben würden, sich unter der Erde von ihm entfernen, um seine Keuschheit noch im Grabe zu ehren. P. Abraham, Judas IV. 31. Von der heiligen Guanora in Schottland heisst es, sie sey so keusch gewesen, dass, wenn eine Frau über ihr Grab schreite, sie unfruchtbar werde. Cardanus, de rer. var. VIII. 44.

Auf Kirchenbildern erkennt man das heilige Grab Christi, wenn ihm der Heiland schon entschwebt ist, an dem darauf Wache haltenden Engel. Ausserdem an den schlafenden Wächtern und an den drei Marien.

Ein offenes Grab, worin Blumen blühen, umgeben von den Aposteln, ist auf Kirchenbildern immer das Grab der Jungfrau Maria, aus dem sie sich gen Himmel erhob, indem sie Blumen darin als Sinnbild ihrer Jungfräulichkeit zurückliess.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_356.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)