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Name in einem Dreieck und Sonnennimbus Symbol Gottes. Vgl. Didron, icon. 237.

In menschlicher Gestalt erscheint Gott in der Offenb. Joh. 1, 13 f. weiss gekleidet, mit weissem Haar, flammenden Augen, sieben Sterne an der Rechten, im Mund ein Schwert und daselbst 19, 11. auf weissem Pferde. Die weisse Farbe bedeutet Licht, die Sterne die sieben Gaben des Geistes oder die Urtugenden. In menschlicher Gestalt kommt Gott auch schon sehr frühzeitig auf christlichen Bildern vor. Die Kunst lebte noch in der Erinnerung und Gewohnheit der heidnischen Bilder und nahm keinen Anstand, auf den Grabbildern der römischen Katakomben Gott in der jugendlichen Gestalt eines Apollo oder Merkur aufzufassen. Vgl. Didron, icon. p. 100. 176. Mit Recht verliess der strengere byzantinische und fränkische Kunststyl diese heidnische Lizenz und begnügte sich ehrfurchtsvoll mit den naiven Symbolen der Hand, des Lichtstrahls, des Kreuznimbus. Allmählig aber konnte man doch nicht umhin, wieder zur menschlichen Gestaltung zurückzukehren; nur malte man Gott jetzt nicht mehr jung, sondern als den Vater im Gegensatz gegen den Sohn älter und langbärtig. Das frühere Mittelalter nahm sich dafür den Kaiser oder Papst zum Vorbilde und gab Gott dem Vater sogar die Ornate der kaiserlichen und päpstlichen Würde. Die griechische Kirche behielt das mittlere Alter des Mannes bei, die römische gerieth immer mehr in das greisenhafte. Im 16ten Jahrhundert aber fingen die Maler an, Gott als eine athletische Figur im fliegenden Mantel nur noch durch den Ausdruck seiner Mienen und Geberden zu charakterisiren. Das Genie der Künstler wollte sich durch den herkömmlichen Typus nicht mehr binden lassen, allein es vermochte in seiner freien Willkühr den göttlichen Charakter niemals zu fassen. Der christliche Gott wurde mehr oder weniger einem heidnischen Saturn, Jupiter oder Neptun ähnlich. Wir unterscheiden hier im Wesentlichen zwei Auffassungen: die mehr plastische, wie Michel Angelo ihr die Richtung gab, und die mehr malerische des Raphael. Die erstere führt den Geist zu

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_348.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)