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sey ein Gespenst und sucht die arme Seele zu erlösen, wird aber ausgelacht. Die Reise wird weiter fortgesetzt. Ueberall sucht Faust die Höhen auf, um sich von da aus zu orientiren. So blickt er von den Karpathen hinunter nach Krakau und Polen. In der Türkei angelangt, begibt er sich alsbald in das Serail des Sultans und stellt sich den schönen Damen daselbst in der Gestalt des Propheten Muhamed dar, worauf sie sich unendlich glücklich schätzen, ihr Bett mit ihm zu theilen. Dies geschieht sechs Tage lang, während deren eine Wolke das ganze Serail umhüllt und verbirgt. Nachher verschwindet der vermeinte Muhamed, an den der Sultan selber in stummer Bangniss glaubt. Zuletzt besteigt Faust den Berg Kaukasus und blickt von da in’s Land India und in die seligen Fernen des Paradieses.

Aber immer wieder zieht es ihn zur alten deutschen Heimath zurück, und von nun an wagt er sich an die höchsten irdischen Herren. Er erscheint am Hofe Kaiser Karls V., der ihn als berühmten Meister in der Zauberei empfängt, ihm aber auch eine seiner würdige Aufgabe stellt, nämlich ihm den grössten Helden und König des Alterthums heraufzubeschwören und leibhaftig vor ihm erscheinen zu lassen, Alexander den Grossen, der sich dann auch wirklich dem erstaunten Kaiser zeigt. Nun folgen Schwänke, die in die Faustsage aus dem Sagenkreise minder erheblicher Zauberer übergetragen scheinen, obgleich sie auch hier nicht unnatürlich motivirt sind. Dann beschliesst Faust, die Vergangenheit in ihrem Köstlichsten und Schönsten eben so zu geniessen, wie er die Gegenwart genossen, beschwört die schöne Helena aus dem alten Griechenland herauf und wird so von ihrem Reiz bezaubert, dass er nicht mehr von ihr lassen kann, sie bei sich behält und ein Kind mit ihr zeugt, welches Alles weiss und ihm die Zukunft aller Dinge verkündet.

Aber die 24 Jahre gehen zu Ende. Faust fällt in Schwermuth, der Teufel verspottet ihn. In der Mitternacht des letzten Tages hören die Studenten einen grässlichen Lärmen

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_274.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)