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christl. Bilder II. 3, sagt zwar, in den Himmel gehöre nur Gesang, kein Instrument; allein wir dürfen der Kirchenmalerei wohl einige Naivetät zugestehen. Auf einem altdeutschen Bilde in der Sammlung des Procur. Abel in Stuttgart, darstellend die Anbetung der Hirten, sieht man von den singenden Engeln nichts, aber der Ausdruck der auf die himmlischen Stimmen horchenden Hirten ist höchst lebendig.

Die Engel tragen Attribute der Passion beim Tode des Heilands oder auch ausgezeichneter Heiligen; Sinnbilder der Sakramente, der Tugenden; Sinnbilder der Länder, deren Schutzgeister sie sind. Je nachdem ihre Erscheinung eine bestimmte Beziehung hat, wird dies auch in ihren Attributen und Geberden ausgedrückt. Sie weinen und klagen in der Trauer um den Herrn und die Martyrer. Sie jubeln und freuen sich an den hohen Freudentagen der Kirche. Sie erscheinen alle kriegerisch im Kampf mit den bösen Dämonen; alle priesterlich in Uebung der Friedensfunctionen. Ein schönes Lied vom Frieden der Engel im Himmel im Herrnhuter Gesangbuch 1741, S. 819.

Die Zahl der Engel ist unermesslich (Matth. 26, 53. Hebr. 12, 22. Offenb. Joh. 19, 14.) und soll der Zahl der gerechten und seligen Menschen entsprechen; daher öfter auf Kirchenbildern oben das ganze Reich der Engel und unten das der guten Menschen einander gegenübergestellt werden. So auf einem Bilde, wo die ganze Welt das Gloria oder Te Deum singt, alle Engel oben und alle guten Menschen unten, beide in charakteristische Chöre eingetheilt. Didron, man. p. 236. Oft ist der ganze obere Raum der Bilder dicht mit Engelsköpfen angefüllt. Auch Raphael umgab die Madonna di S. Sisto mit einem weitreichenden Schein, in dessen goldner Dämmerung zahllose Engelsköpfe nur sanft vorschimmern. Eben so Altorfer in einem Bilde der Münchner Pinakothek.

Auf den ältesten christlichen Sarkophagen in den Katakomben begegnen uns oft Engel, die ganz wie die Genien der Alten, etwa wie Maneros auf heidnischen Gräbern, gebildet sind, nackte Knaben mit Flügeln. Hier war die christliche

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_244.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)