Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 192.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sich flehend dem Erzürnten zu Füssen, der ihrer jedoch nicht zu achten scheint, ja ihr sogar mit dem Blitze zu nahe kommt. Kein glücklicher Gedanke. v. Quandt, Reise in’s mittägliche Frankreich S. 99. Der Heiland, der sich aus Liebe für die Menschen opferte, kann nicht zum alten zornigen Jehovah oder Jupiter degradirt werden. Er selbst ist ja höchste Quelle der Gnaden. Allein man würde in’s andere Extrem fallen, wenn man in ihm den Gott der Gerechtigkeit verkennen wollte. Seine Marter, sein Erlösungstod waren unerlässlich, um die Gerechtigkeit zu sühnen. In demselben Act, in dem er die überschwenglichste Gnade übte, vollzog sich auch die strengste, unumstösslichste Gerechtigkeit. Darum und nur darum ist das Opferlamm zugleich der Richter.

Das Schreckliche, das dem Heiland als Weltrichter zukommt, liegt vorzugsweise in seinen Augen, in dem durchdringenden Blicke, vor dem auch der geheimste Gedanke sich nicht mehr verbergen kann, der Alles an’s Licht zieht. Es bedarf keiner drohenden Geberde, der Blick allein macht Mark und Gebeine beben. „Siehe, er kommt mit den Wolken und es werden ihn sehen alle Augen, und die ihn gestochen haben, und werden heulen alle Geschlechter der Erde.“ Offenb. Joh. 1, 7. Weiter durchgeführt in einer schönen Hymne: Jucundantur et laetantur. Zabuesnig I. 241.

Die letzte Erscheinung Christi ist in der Offenb. Joh. 19, 11 f. geschildert, wie er einzieht in’s neue Jerusalem als König der Seligen, auf weissem Rosse, im weissen, aber blutbesprengten Gewande, mit vielen Kronen auf dem Haupte, in seinem Gefolge das himmlische Heer auf weissen Rossen.

Christi Attribute sind verschieden nach der Art seiner Erscheinung und den Scenen seines Lebens, Leidens und Triumphes. Die bildende Kunst legt auch schon dem Christkind alle Attribute des erwachsenen Heilands bei, als poetische Vorbedeutungen. Das Christkind schläft auf dem Kreuze, es spielt mit der Waage (des Gerichts), dem Lamm, es trägt die Siegesfahne; es trägt die Krone und die Weltkugel etc.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_192.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)