Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 189.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die um den Tod des Geliebten klagen, Verwaiste, Arme, Misshandelte, Sklaven in Ketten, der ruhelose Pilger etc. Das zweite ist entstellt durch politische Beziehungen, indem unter den Leidenden, die Trost bei Christo suchen, griechische und polnische Flüchtlinge, verliebte Nonnen, der vergötterte Dichternarr der weltschmerzlichen Neuzeit Tasso etc., vor Allem die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nichts Christliches, sondern eine Schmeichelei für den damaligen Pariser Geschmack. Das Bild von Begas ist viel edler. Die Franzosen haben überhaupt schon in der ersten Revolution die Huld, welche Christus den Armen und Elenden erwiesen, in demokratischem Sinne genommen, mit ihm als einem „guten Sansculotten“ fraternisirt, und Gallinard hat ihn gemalt, wie er das Wort fraternité auf die Weltkugel schreibt, indem die Freiheitsgöttin in rother Mütze ihm zusieht. Kunstbl. 1836, S. 137.

Konnte Gott den Menschen grössere Liebe erweisen, als indem er seinen einzigen Sohn in den Tod sandte, um sie zu erlösen? Das ist und bleibt der Grundgedanke der Huld und Gnade, welche Allen erwiesen worden ist und wogegen das Erbarmen in Nothfällen Einzelner sich nur verhält wie der Bach zum Ozean; das unergründliche Meer der Gnade kann keine Dankbarkeit ausmessen. Das Bild ist hier zu ohnmächtig, nur der lyrische Gefühlsausdruck dem angemessen, was man bezeichnen möchte und doch nimmer vermag. Daher die hohe Schönheit kirchlicher Hymnen, z. B. des Jesu, dulcis memoria vom heiligen Bernhard von Clairvaux.

Christus ist Haupt der Kirche, Hoherpriester und Bräutigam der Kirche. Sein Priesteramt erhellt aus Psalm 110, 4. Ebräer 5, 14. 7, 3. Auf Bildern der griechischen Kirche ist er im Ornat des Patriarchen gemalt. Die der römischen Kirche behalten jedoch den päpstlichen Ornat Gott dem Vater vor und heben mehr das Königthum in Christo hervor. Beides fällt zusammen, indem Christus sowohl von Priestern als Königen, nämlich zugleich vom Geschlecht Levi und Juda herstammt. Vgl. Hofmann, Apokr. 298.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_189.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)