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den es betrachtet. Die Weltkugel, welche das Christkind auf griechischen Kirchenbildern in der Linken hält, indem es mit der Rechten segnet. Einiger seltenern Attribute wird noch in besondern Artikeln gedacht werden.

Manche Attribute sind unpassend, z. B. die Monstranz, die das Christkind auf einem Bild von Titian in der Hand hält. Viele sind nur Spielereien, so die mancherlei Blumen, Vögel und andere Geschenke, die das heilige Kind empfängt.

Die Mutter mit dem Kinde kann rein idyllisch in mütterlicher Liebe aufgefasst werden, um die menschliche Natur des Heilands hervorzuheben. Sie säugt das Kind, sie küsst und liebkost es, sie hütet seinen Schlaf, sie hebt den Schleier von dem schlafenden Kinde auf, um es zu betrachten etc. Unpassend dagegen sind alle Wäschereien und kleinliche Tändeleien mit Spielsachen. Auch das Lesen lehren erscheint zu kleinlich und widerspricht den Bildern, in denen umgekehrt das Christkind seinen Eltern die Schrift auslegt. Eine gewisse Hoheit, die Ahnung des Göttlichen, sollte hier auch den natürlichsten Beziehungen der Mutter zum Kinde nicht abgehen. Die griechische Kirche malt das Kind immer in göttlicher Hoheit segnend und mit der Weltkugel auf dem Schooss der gekrönten und thronenden Mutter. Die abendländische Kirche kann davon abgehen, darf aber nie vergessen lassen, dass der Menschensohn zugleich Gottes Sohn ist. Daher sind den idyllischen und rein menschlichen Bildern diejenigen vorzuziehen, in denen jenes Höhere seinen Ausdruck findet, z. B. die vor dem eignen Kinde anbetend kniende Mutter. Allzu spitzfindig ist dagegen das Bild von Ingres, auf dem die Mutter das Kind nicht in natürlicher Gestalt, sondern erst in der Hostie verehrt. Kunstbl. 1841, S. 191. Das Würdigste ist geleistet in den Bildern, die man in Italien pieta nennt, auf denen die Mutter um den Leichnam des Sohnes trauert.

In Bezug auf die Engel hat die Kirche dieselben dem Sohne wie dem Vater nur zu Dienern gegeben, während die Gnostiker den Sohn selbst zum ersten Engel machten (wie

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_184.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)