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die Apostel als zwölf Aeste, welche die ganze Welt überschatten. Fortlage S. 108. 116. Tundal in seiner berühmten Vision erblickte diesen Baum im Paradiese mit verschiedenfarbigen Blättern und Früchten schattend über wunderbaren Blumenbeeten und Elfenbeinzellen, worin Mönche und Nonnen Gott lobsingen. Kopisch zu Dante S. 473. – Der Lebensbaum steht auf einem altchristlichen Grabbilde bei Bottari, Roma solter. II. tav. 125 als Oelbaum, eine Taube auf seinen Zweigen, zwischen dem guten Hirten und der Maria. Die letztere hebt nach dem ältesten Typus beide Arme in die Höhe und trägt einen Schleier, zu ihren Füssen blühen drei Lilien, wovon eine noch in der Knospe. Das ist auf andern altchristlichen Bildern, Bottari, I. tav. 48, Aringhi I. 389, Sinnbild des Frühlings, mithin soll dem Begrabenen der künftige Frühling im Himmel vorbedeutet werden. Wie viel schöner ist diese Grabmalerei, als so manche auf unsern modernen Kirchhöfen!

Man findet den Baum des Lebens auch als Stammbaum Christi. Namentlich in gemalten Glasfenstern der Kirchen sieht man häufig aus dem unten liegenden Jesse (Isai, Vater des Königs David) einen Stammbaum sich erheben, der in den verschiedenen Stockwerken des Fensters die Geschichte von David bis Christus nach einander entwickelt. Vgl. über diesen Baum des Jesse Didron, manuel p. 151, wo viele schöne Bäume dieser Art in französischen Bildwerken verzeichnet werden. Der Baum ist öfters ein Weinstock und wächst aus Jesse's Brust oder Mund. Eine prachtvolle Skulptur in der Kathedrale zu Beauvais, die auf jedem Zweige Könige und Propheten trug, wurde in der Revolution der Statuen beraubt, der schöne Baum selbst aber steht noch. Vgl. auch Kunstblatt 1847, Nr. 13.

Nach manichäischer Lehre war Christus selbst der Baum des Lebens, unter dem Namen Jesus patibilis. Vgl. Augustinus, contra Faustum XX. 2. Baur, manich. Rel. S. 71. Mani nämlich lehrte, die in der Finsterniss gelegenen Lichtkeime würden nur in den Pflanzen wieder frei; Christus aber, als

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_117.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)