Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 116.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

noch in derselben Nacht verdorren. Der Baum aber verdorrte wirklich und man fand an der Wurzel zwei Mäuse nagen. Asmus, Lübecks Volkssagen S. 221.

Auf einem alten Bild in Marburg ist das Menschenleben durch einen Baum symbolisirt, der von aussen grüne Zweige mit lustig singenden Vögeln trägt, in dessen hohlem Innern aber Schweine hausen.

Ein Baum der Sünde und des Todes ist auch jene herrliche Ceder, mit der Ezechiel 31, 6 das Reich Assur vergleicht, denn bei aller Pracht und Stärke birgt sie den Tod in sich. — Wieder in anderem Sinne ist der von Christus verfluchte Feigenbaum aufzufassen, denn er bedeutet die ursprünglich von Gott zum Guten geschaffene Kraft, die sich dem guten Berufe versagt und mit den Mitteln zum Guten Uebles thut.

Man hat viel Gelehrsamkeit zur Schau getragen, um den Sündenbaum der Genesis aus den Bäumen herzuleiten, die in vielen heidnischen Mythen vorkommen, an deren Wurzeln eine Schlange nagt, oder deren Früchte von einem Drachen gehütet werden. Vgl. v. Bohlen, Genesis 38. Piper, Myth. I. 66. Aber jene Mythen haben fast durchaus einen andern Sinn und gehören um so weniger hierher, als sie den Unterschied zwischen dem Baume der Erkenntniss und des Lebens nicht kennen, der in der christlichen Symbolik die Hauptsache ist.

Adam und Eva wurden aus dem Paradiese gejagt, damit sie nicht auch vom Baume des Lebens ässen, nachdem sie vom Baume der Erkenntniss gegessen hatten, 1. Mos. 3, 22, denn alsdann wäre die Sünde in der Welt verewigt worden. Die Früchte des Lebensbaumes reifen nur den Seligen und Reinen. Offenb. Joh. 2, 7. Darum prangt er im künftigen Paradiese, welches der Christ erst wiedererwerben muss, im neuen Jerusalem am Strome des lebendigen Wassers mit zwölferlei Früchten. Offenb. Joh. 22, 2. Eine Hymne des Fortunatus bezeichnet den fruchtbarsten Baum als das Kreuz, das den Heiland trägt, und eine andere des heiligen Cyprian gibt ihm

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_116.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)