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worin es heisst, derselbe sey zu Danzig erschienen, als ein langer, uralter, sehr schlecht gekleideter Mann, mit Trauern und Seufzen, und habe gesagt, er sey ein Schuster zu Jerusalem gewesen. Seitdem will man denselben ewigen Juden auch an andern Orten gesehen haben, zum Theil unter andern Namen, z. B. Gregorius und Buttadaeus. Vgl. Grässe, Sage vom ewigen Juden, 1844. Görres, Volksbücher S. 201. v. Döbenek, Volksglaube II. 121. Paullini, zeitverkürzende Lust, S. 596. Sepp, Leben Jesu V. 115. Schudt, jüd. Merkw. V. 14. Zu den Disputationen, die bei Grässe angeführt sind, gehört noch eine von Pommer 1689. Nach Wolfs niederl. Sagen S. 625 wurde der ewige Jude unter dem Namen Isaac Laquedem im Jahre 1640 in Brüssel gesehen. Nach Mitternacht (diss. in Joh. 21, 19.) sah man ihn zu Naumburg unter der Predigt in der Kirche ruhelos hin- und herlaufen.

Die Vorstellung eines sterblichen Wesens, das doch nicht sterben kann, ist uralt. Bei den Indern überlebt die Krähe Kagbossum, bei den Persern der Vogel Simurgh, bei den Muhamedanern der aus Noah’s Arche entflogene Rabe alle Geschlechter der Menschen und Thiere. Rupertus Tuit. 44. vergleicht den Raben der Arche, der nicht wiederkommt, weil er im Aase der untergegangenen Zeit schwelgt, mit dem Judenthum, die Taube, die den Oelzweig aus dem Garten der neuen Erde bringt, mit dem Christenthum. Die Juden selbst kennen schon einen vorchristlichen ewigen Juden, den sogenannten Sameri, welcher das goldene Kalb verfertigte und deshalb, von Moses verflucht, nicht sterben kann. Grässe, ewiger Jude 23. Weil, bibl. Leg. 172. Unter Sameri aber ist Samaria zu verstehen, das heidnisch gesinnte Judenthum im Gegensatz gegen den reinen Mosaismus.

Ganz auf dieselbe Weise verhält sich nun auch Ahasver zu Christus, als Vertreter des alten verstockten Judenthums im Gegensatz gegen das Christenthum. Der ewige Jude ist das Judenthum selbst. Das Herumirren aber bezieht sich auf die Zerstreuung der Juden nach der Zerstörung Jerusalems.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_042.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)