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wie in den muhamedanischen Legenden ist er idealisirt und ist hier die schöne Naturwahrheit seiner biblischen Charakterschilderung verlassen. — Unter den Bildwerken an der goldnen Pforte zu Freiberg in Sachsen kommt Abraham mit einem sprossenden Stabe in der Hand vor, als ein Sinnbild seiner reichen Nachkommenschaft. In ihm wurzelt der Stammbaum des jüdischen Volkes, daher sich vornehmlich die Baumsymbolik an Abraham knüpft. So die Talmudfabel von einem Baume, den Abraham[WS 1] pflanzte, und dem er die Gabe mittheilte, immer nur Juden Schatten zu geben, aber die Zweige zurückzuziehen, sobald ein Heide oder Ungläubiger nahte (Eisenmenger, entdecktes Judenthum, I. 422.), und die christliche Fabel von der Cypresse, Fichte und Ceder, die Abraham gepflanzt haben soll und die zu einem Baume zusammenwuchsen, aus dem das Kreuz Christi gezimmert wurde. Gretser, de cruce.

Wie das Volk Gottes aus Abraham abstammt, so soll es auch zuletzt wieder in seinem Schoosee versammelt werden. Daher die Redensarten: in Abrahams Schooss kommen, so selig wie in Abrahams Schooss etc. Lucas 16, 23. Ein colossaler Abraham mit den Seligen im Schoosse kommt vor in den Strassburger Miniaturen des Herrad von Landsberg und auf der Kaiserdalmatika im Schatze des Vatican; Waagen, Kunst in Deutschland‚ II. 364; Kunstblatt, 1844. S. 111. Ein kleiner mit drei Seelen auf dem schönen Grabdenkmal einer Mutter mit ihren zwei Töchtern zu Chalons an der Marne. Didron, annales III. 283.

In Weils biblischen Legenden (S. 97) begegnet uns die seltsame Sage, wonach Abraham der erste Mensch gewesen seyn soll, welcher graues Haar bekam. Als man nämlich spottete, Isaak sey nicht der echte Sohn des alten Abraham, wurde Isaak durch Gott dem Abraham so ähnlich, dass man beide nicht mehr unterscheiden konnte, weshalb Gott dem Alten das Haar bleichte.

Das Opfer Abrahams hat mehrfache tiefe Bedeutung. Indem Abraham seinen einzigen Sohn Isaak auf Gottes Befehl zu opfern bereit war, spiegelt er vorbildlich die Opferung des

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung am Ende Band II. In der Vorlage: 'Adam'
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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)