Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 228.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verbrenne sich, wenn er alt werde, in seinem eigenen Neste und werde dadurch wieder jung und schöner, als vorher. Herodot II. 73. fand die Kunde von ihm zuerst in Aegypten. Dahin komme der Vogel alle fünfhundert Jahre einmal aus Arabien, sey gross wie ein Adler, aber purpurfarben und golden, und bringe seinen Vater in den Sonnentempel, um ihn hier in Myrrhen zu bestatten. Des Selbstverbrennens und Verjüngens gedenkt erst Plinius, Naturgeschichte X. 2. Hier wird der alte Phönix nicht mehr in Myrrhen einbalsamirt und begraben, sondern macht sich ein Nest aus Wohlgerüchen und verbrennt sich. Die Fabel wird nun oft von alten Autoren wiederholt, worüber man die Schrift Feiners „vom Phönix“, München 1850, und Pipers christl. Myth. I. 446 f. nachlesen kann. Begreiflicherweise eignete sich der sich selbst opfernde und verjüngende Purpurvogel auf’s Trefflichste zu einem Sinnbild des sich für die Menschheit opfernden und auferstehenden Heilands. Er wurde daher schon in den ersten Jahrhunderten der Christenheit in diesem Sinne aufgefasst, und Epiphanius (Ancorat. c. 85. II. 89.) lässt den Phönix nach drei Tagen aus der Asche des Nestes wiedererstehen, wie Christum am dritten Tage aus dem Grabe. Seitdem wird die Vergleichung von vielen Kirchenvätern und christlichen Dichtern wiederholt. Sonderlich besitzen wir noch ein lateinisches Gedicht de phoenice von Lactantius, wonach im Phönix das Mysterium der Zeugung des Sohnes durch den Vater, der doch im Sohne er selbst bleibt, personificirt wird.

At fortunatae sortis filique volucrem,
AteCui de se nasci praestitit ipse Deus.
Foemina sit, vel mas, seu neutrum, seu sit utrumque,
AteFelix, quae Veneris foedera nulla colit.
Mors illi Venus est: sola est in morte voluptas;
AteUt possit nasci, haec appetit ante mori.
Ipsa sibi proles, suus est pater et suus haeres,
AteNutrix ipsa sui, semper alumna sibi.

Mit dem aus Weihrauch und Myrrhen gebildeten edeln Neste, in dessen reinen Flammen der Phönix verjüngt wird,

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_228.jpg&oldid=- (Version vom 16.3.2023)