Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 191.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ausdrücklich den Himmel über der Erde, hoch in den astralischen Sphären. Uebrigens erklären sich die im Mittelalter öfter in geistlichen Dichtungen wiederkehrenden „Reisen in’s Paradies“ aus der Voraussetzung, man werde dasselbe jenseits des Meeres finden. So die berühmte Reise des heiligen Brandanus.

Jesaias 65, 17 f. verkündet den neuen Himmel und die neue Erde. Damit ist ausdrücklich im Gegensatz gegen das durch Adams Fall verlorene Paradies das durch den Messias wiedereroberte gemeint. Es ist dem ersten Paradies vollkommen ähnlich, wie die durch Christus gereinigte Menschheit der vor dem Falle noch reinen Menschheit Adams. Jesaias legt besondern Werth auf den wiederhergestellten Frieden unter den Thieren; aber das bedeutet nur sinnbildlich die wiederhergestellte Harmonie wie im Menschen selbst, so in der ihn umgebenden Natur. Das Paradies ist nur der Reflex der darin wohnenden sündenlosen Menschen. Des Menschen Unschuld und innere Harmonie macht die Erde zum Paradiese, seine innere Zerrissenheit, seine Leidenschaft und Sünde dagegen verdunkelt sie, erzeugt in ihren Elementen und Creaturen feindliche Gegensätze, Zerstörungstriebe und Verderben.

Diese symbolische Auffassung des Paradieses ist die allein richtige. Ohne sie würde die Frage nach dem Ort des ersten Paradieses nur eine müssige seyn. Auch der Unterschied zwischen dem alten Paradies auf Erden und dem künftigen Paradies etwa über der Erde fällt für die symbolische Bedeutung weg; denn das künftige Paradies ist nur die in Christo wiederhergestellte Unschuld Adams, also das wiedergewonnene oder nur erneute alte Paradies. Es ist die neue Erde, nur weil die alte in ihr erneuert ist. Es ist mit dem Himmel verbunden, wie auch schon das erste Paradies es war, wo Gott unmittelbar mit den Menschen verkehrte. Es ist aber volkreicher geworden und dem zahllosen Volk der Seligen ist das neue Jerusalem zur Wohnung darin erbaut.

Rupert von Deutz hat die einfachste Erklärung gegeben,

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_191.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)