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Beweglichkeit des Osterfestes habe man zugleich die Starrheit des mosaischen Systems durchbrechen und zeigen wollen, der Herr sey zu Ostern für die ganze Menschheit auferstanden, das Fest also gehöre der Menschheit, nicht dem Judenthum an. Darum wurde der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Tag- und Nachtgleiche im Frühling zum christlichen Ostertag gemacht.

In der Symbolik, welche sich an die Feier des Osterfestes anknüpft, nimmt das Osterlamm die erste Stelle ein. Es ist das alte Opferlamm, was die Juden bei ihrem Ausgang aus Aegypten schlachteten und assen und von dem ihr Passahfest den Ursprung genommen. Es ist aber ausschliesslich angewandt auf Christum als das Lamm Gottes, das sich hingab für die Sünde der Menschen. Vgl. d. Art. Lamm. Das Osterlamm ist gewöhnlich mit der Siegesfahne geschmückt, wie Christus selbst diese Fahne ausschliesslich in Auferstehungsbildern trägt. Das Lamm wird mit der Sonne identificirt. Im Brandenburgischen stellt man vor Sonnenaufgang am Ostermorgen ein Gefäss mit Wasser hin und erblickt dann darin im Moment des Sonnenaufgangs ein weisses Lämmchen. Temme, Volkssagen der Altmark S. 85. Hier erkennt man am Deutlichsten, wie alter Naturcultus christlich umgedeutet wurde.

Das Osterfest ist ein grosses Lichtfest, denn von ihm an nehmen die Tage zu und beginnt die hohe Frühlings- und Sommerzeit, was man schicklich anwandte auf die Erleuchtung der Welt durch das Christenthum. Wie daher die Ostersonne selbst ein Sinnbild Christi ist, so nicht minder das Osterfeuer, das Osterlicht, die Osterkerze, das Osteröl. Noch bis auf die neuere Zeit wurde zu Ostern auf Bergen Feuer angezündet. Man sprang darüber, man trieb das Vieh rasch hindurch, man rannte mit den brennenden Holzstücken um die Saatfelder. Man rollte ein feuriges Rad vom Berge herunter, oder schleuderte brennende Holzscheiben über die Saatfelder hinweg, um sie dadurch zu weihen und vor Schaden zu hüten. Man hob Brände und Asche vom Osterfeuer auf, die gegen allerlei Schaden helfen sollten. Grimm, d. Myth.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_177.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)