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das Oel gehört, ist der berühmteste St. Remigius, Erzbischof von Rheims, das Haupt der fränkischen Kirche unter König Chlodwig, nachdem derselbe Gallien erobert hatte. Was die Legende von ihm meldet, ist Ausdruck 1) der weltgeschichtlichen Bedeutung der Frankenbekehrung; die für den Norden Europa’s eben so wichtig war, wie Constantins Bekehrung für den Süden. Als bei der Taufe Chlodwigs das heilige Oel fehlte, brachte eine weisse Taube ein Oelfläschchen vom Himmel, worin das Oel nie versiegte, daher alle späteren Könige von Frankreich damit gesalbt wurden. Man findet es abgebildet im Journal des Luxus und der Moden 1793 Dezember, S. 663. Es wurde erst in der Revolution durch das Conventsmitglied Roul auf öffentlichem Platze zu Rheims zerbrochen. Lamartine, Geschichte der Gironde LII. 21. Das berühmte Oelkrüglein bezeichnet die unmittelbare göttliche Weihe der christlichen Frankenkönige, den himmlischen Ursprung ihrer Begnadigung (die Legitimität der Könige von Gottes Gnaden). Die Legende bezeichnet 2) den Stolz des Kirchenmannes, der sich wohl bewusst war, welchen Dienst er dem Königthum leistete. Er soll zu Chlodwig bei der Taufe gesagt haben: „Verbrenne, was du bisher geehrt, ehre, was du bisher verbrannt hast.“ Die Legende bezieht sich 3) auf die grossen Schenkungen, durch die der neue fränkische Staat sich den Beistand der Kirche erkaufte. Der heilige Remigius erhielt vom König Erlaubniss, so viel Land als Kirchengut zu behalten, als er, während der König den Mittagsschlaf hielt, würde umgehen können, und umging nun ein weites Gebiet, trotzdem dass er sich unterwegs noch mehrmals aufgehalten sah und die bösen Nachbarn, die ihn hindern wollten, mit Fluch belegen musste. Weiter berichtet die Legende, wie er einen Grenzstein gelegt, den kein Mensch von der Stelle bringen konnte, und wie Alle, die in das neue Eigenthum der Kirche Eingriffe thun wollten, unglücklich wurden. Flodoardus, hist. Rem. I. 14. 20. Grimm, deutsche Sagen Nr. 422, 424. – Merkwürdig ist Remigius ferner als Feuerbanner. Eine grosse Feuersbrunst in Rheims trieb er vor

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_169.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)