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264 J. E. Wocel.


ein Masswerk der einfachsten Art geziert. In den Seitenmauern des Chores sind vier Rundbogenfenster angebracht, von denen die beiden das eigentliche Sanctuarium beleuchtenden tiefer als die übrigen Lichtöffnungen der Kirche sich herabsenken. Zwischen diesen und den angrenzenden Fenstern strecken sich vortretende Wandpfeiler, deren Gliederung jener der Gewölbstützen der Vierung entspricht, hoch empor, um mit ihren von Blendschilden überhöhten Capitälen die Gewölbgurten aufzufassen. In den durch die Polygonalflächen des Chorschlusses gebildeten Winkeln sind hingegen blos schlanke Wandsäulen angeordnet, auf deren consolenförmige Capitäle sich die Bogenrippen stützen. Bezeichnend für die Frühperiode des gothischen Styles ist die Wahrnehmung, dass der Architekt blos an den parallelen Seitenwänden des Chores die Fortsetzung des äusseren Strebepfeilers auch im Inneren durch mächtige Wandpfeiler andeutete, während im Chorschlusse nur schlanke Wandsäulen die Ecken ausfüllen. Die massgebende Regel des gothischen Styles, dass die Strebepfeiler die Hauptglieder, das feste Rippenwerk des ganzen Baues bilden, fand in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts noch nicht allgemeine Geltung, und der Spitzbogen, wiewohl zum Überwölben der Räume vorzugsweise angewendet, erhielt seinen Widerhalt in dem massiven Mauerwerke. Doch strebte man, wie eben das vorliegende Beispiel zeigt, die wichtige Rolle der Strebepfeiler im Organismus des gothischen Bauwerkes gleichsam ahnend, diesen Zweck und die künftige Bestimmung derselben dadurch anzudeuten, dass man das Vorhandensein der äusseren Mauerstützen durch Wandsäulen auch im Inneren des Baues bemerkbar machte und dieselben als scheinbare Träger der Gewölbrippen darstellte. Nur die beiden stark ausladenden Wandpfeiler des Chores sind in dieser Kirche mehr als blosse Andeutungen einer solchen Function, indem sie sich als feste Stützen der von ihnen getragenen Gewölbrippen und somit als eine bedeutsame Eigenthümlichkeit in der Gesammtstructur dieses Baues darstellen.

Die Sacristei ist an die südliche Mauer des Presbyteriums in der Nähe der vorspingenden Seitencapelle angebaut. Die Thüre in der rechten Kreuzvorlage bildet seit dem Jahre 1831, wo man den Raum vor dem westlichen Hauptthore in ein Familienoratorium umgestaltet und durch eine Glasthür vom Mittelschiffe abgeschlossen hatte, den gewöhnlichen Eingang für die Kirchenbesucher. Die beiden Thüröffnungen, welche die Kirche mit dem Kreuzgange verbanden, sind zugemauert, an ihrer gothischen Umrahmung aber leicht wahrnehmbar. Der obere Eingang in der Nähe der Kreuzvorlage, durch welche die Klosterfrauen aus dem Kreuzgange zu den Chorstühlen wandelten, soll aber nach vollendeter Restaurirung des Kreuzganges wieder durchbrochen und hergestellt werden.

Vom westlichen Portale tritt man gegenwärtig in das gedielte, durch Glasscheiben von der Kirche abgeschlossene Oratorium und aus diesem auf das um eine Stufe niedriger gelegte Kirchenpflaster. Von diesem Standpunkte gewährt das Innere des Gotteshauses einen imponirenden Anblick. Die einfach edlen, durch keine neuere Zuthat getrübten Architecturformen des hohen und langgestreckten Raumes üben eine mächtige Gesammtwirkung, wobei man allerdings nicht beachten darf, dass die Kirche geweisst und die Gewölbrippen, wie es in Mähren Sitte ist, grün angestrichen sind. Überdies ist in der linken Kreuzvorlage ein Musikchor im Zopfstyle angebracht, und die fünf Altäre rühren aus dem verflossenen Jahrhunderte her. Die Kirche ist von rothem Sandstein, der in der Nähe bricht, aufgeführt.

An der Aussenseite (Fig. 10) fesselt vorzüglich das Portal der Westseite die Aufmerksamkeit, das unstreitig den bedeutendsten Denkmalen dieser Art, welche die Kunstgeschichte im 13. Jahrhunderte aufweiset, beigezählt werden muss (Taf. IV).