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Einleitung. VII

sein, und dem naturgemäss stetigen Fortschritt der Wissenschaft wahrscheinlich nur zum Schaden gereichen, wenn man dieses Ampère’sche Gesetz, das seit einem halben Jahrhundert sich bewährt und allen exacten Forschungen als Grundstein gedient hat, ohne wirklich triftige Gründe aufgeben wollte.

     Demgemäss habe ich an jenem Ampère’schen Elementargesetze oder (was dasselbe ist) an denjenigen Voraussetzungen, auf welche dieses Gesetz von Ampère basirt wurde, festhalten zu müssen geglaubt. Als eine der wichtigsten Aufgaben erschien alsdann aber die Auffindung des noch fehlenden Elementargesetzes und hierin besteht die Hauptaufgabe des vorliegenden Werkes.

     Der von mir eingeschlagene Gang entspricht der historischen Reihenfolge. — Als Ausgangspunkt für die Untersuchung der ponderomotorischen Krafte dienen mir die von Ampere eingeführten Voraussetzungen; von denselben aus verfolge ich im Wesentlichen den theils von Ampère, theils von meinem Vater gebahnten Weg, und gelange in solcher Weise zuerst zum Elementargesetz sodann zum Integralgesetz — Sodann übergehend zur Untersuchung der elektromotorischen Kräfte, benutze ich als Ausgangspunkt das von meinem Vater aufgestellte Integralgesetz um von hier aus, unter Anwendung des allgemeinen Princips der lebendigen Kraft, sowie unter Zuhülfenahme gewisser einfacher und plausibler Voraussetzungen, einen Weg mir zu eröffnen zur Entdeckung des noch unbekannten Elementargesetzes Die erwähnten Voraussetzungen, welche selbstverständlich auf die elektromotorischen Kräfte sich beziehen, stehen in einer gewissen Analogie mit denjenigen, welche von Ampère über die ponderomotorischen Krafte gemacht sind.

     Bei einer mathematisch-physikalischen Untersuchung wird jederzeit die Beschaffenheit und Anzahl der zu Grunde gelegten Vorauszetzungen von grösster Wichtigkeit sein. Da nun diese Voraussetzungen im vorliegenden Werke, in Folge des eingeschlagenen historischen Ganges, eine gewisse Zersplitterung und Zerstreuung erfahren haben, so wird es um so nöthiger sein, wenigstens hier in der Einleitung ein übersichtliches Bild zu entwerfen von der Gesammtheit jener Voraussetzungen. Es können dieselben folgendermassen rubricirt werden.

Die erste Voraussetzung [1] besteht in der Annahme des

allgemeinen Princips oder Axioms der lebendigen Kraft, sowie in der Annahme desjenigen Gesetzes, welches von Joule für die elektrodynamische Wärmeentwicklung aufgestellt wurde.

Die zweite Voraussetzung besteht in der Annahme der beiden schon erwähnten Integralgesetze und

  1. Vergl. pag. 7, sq., und auch pag. 134, sq.
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Carl Gottfried Neumann: Die elektrischen Kräfte. Leipzig 1873, Seite VII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carl_Gottfried_Neumann_-_Die_elektrischen_Kr%C3%A4fte_011.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)