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großer Mann, Kaiser, zur Seite, der, beyläufig zu erinnern, wenn es auf Schönheit, Neuheit, Ausdruck und Gefälligkeit des Gesanges ankommt, die Parallele mit Händeln gewiß nicht zu fürchten hätte.

Claviersachen von Bachen, und Händeln erschienen zu gleicher Zeit in den zwanziger Jahren dieses Sekulums im Druck. Aber welche Verschiedenheit! In Händels Suiten ist viel Copie nach der damaligen Art der Franzosen, und nicht viel Verschiedenheit, in Bachs Theilen der Clavierübung ist alles Original und verschieden. Der Gesang der Arien mit Veränderungen in Händels Suiten ist platt und für unsere Zeiten viel zu einfältig; Bachs Arien mit Veränderungen sind noch jetzt gut, sind Original, und werden deswegen nicht leicht veralten. Welcher Reichthum, besonders in Bachs gedruckten Arien mit Veränderungen fürs Clavizimbel mit zwey Manualen! Welche Mannichfaltigkeit! Welche Fertigkeit der Hände und des Vortrages erfordende Kunst!

Der erste Theil von Händels Claviersuiten ist bis auf die Arien sehr gut. Der zweyte Theil soll galanter seyn, aber er ist mehrentheils gemein und elend.

Händels Fugen sind gut, nur verläßt er oft eine Stimme. Bachs Clavierfugen kann man für so viele Instrumente aussetzen, als sie vielstimmig sind; keine Stimme geht leer aus, jede ist gehörig durchgeführt. Händels Fugen erstrecken sich nicht weiter, als höchstens auf vier Stimmen. Bach hat in seinen Sammlungen des so betitelten wohl temperirten Claviers fünfstimmige Fugen, und zwar durch alle vier und zwanzig Thonarten gemacht. Sogar hat man eine Fuge von ihm über das Königlich Preußische Thema mit sechs Stimmen und zwar manualiter. Wenn von harmonischer Kunst die Rede ist, von dem Genie des Meisters, das viele Theile eines großen Werkes erfand, vollkommen ausarbeitete, und zu einem großen schönen Ganzen bildete, und in einander paßte, das Mannichfaltigkeit und simple Größe vereinigte, und zwar so, daß selbst der Liebhaber, der nur einigermaassen die Sprache der Fuge verstand, (andere haben über Fugen kein Urtheil) dadurch entzückt wurde: so zweifele ich, ob je Händels Fugen mit den Bachischen die Vergleichungen aushalten.

Was haben aber Bachs übrige Claviersachen nicht für Vorzüge! Wie viel Leben, Neuheit und gefällige Melodie noch itzt, da alles im Gesange so verfeinert ist! Wie viel Erfindung,