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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime


25.
Betrübte Braut.

Es wollt ein Bauer freien,
Er freit nach Seinesgleichen,
Er freit nach seiner Braut sieben Jahr.
Die junge Braut wollte den Herrn nicht haben.
Der Bräutigam kam gefahren
Mit vierundzwanzig Wagen.
Wo ist denn meine herzliebste Braut,
Die mich so freundlich willkommen heißt?
Sie sitzt wohl in der Kammer,
Beweinet ihren Jammer,
Beweinet ihren Jammer und Leid,
Daß sie ertrinken muß in dem Rhein.

Und als sie auf den Wagen stieg,
Nahm sie von ihren Eltern einen traurigen Abschied:
Ach Eltern, herzliebste Eltern mein,
Unser Lebtag werden wir uns nicht wiedersehn.

Und eh sie auf die Brücke kamen,
Begegnet ihr eine Schwalbe.
Ach Schwalbe, du fliegst wo deine Freud ist
Und ich muß fahren wo mein Unglück ist.

Und als sie vor die Brücke kamen,
Hieß sie den Fuhrmann stille stehn.
Nun zieht mir aus mein hochzeitlich Kleid
Und machet mich hier zum Tode bereit.

Und als sie auf die Brücke kamen,
Da brach der Brücke ein Brettlein entzwei,
Da fiel die junge Braut in den Rhein.

Der Bräutigam stand daneben,
Sah seine herzliebste Braut schweben.
Ach hätt ich doch meine Ketten bei mir,
So könnt ich mein liebes Kind retten hier;
Nun aber hab ich meine Ketten hier nicht,
Nun kann ich mein liebes Kind retten auch nicht.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_162.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)