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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

43.

Zur Zeit, da die preußischen Reuter in Wiedensahl sich aufhielten, lag ein Offizier in einem Hause in Quartier, der hatte allerlei Bücher. Eines Tages ging er zu einem Offizier zum Kartenspielen aus. Da kriegte der Sohn vom Hause sich eins von den Büchern und fing an zu lesen. Da kamen Gespenster herein und stellten sich in einer Reihe auf. Der Junge war ganz in das Buch vertieft und merkte nichts. Wie er weiter las, kamen immer mehr, bis die Stube von den gräsigen Gestalten ganz voll gepfropft war. Da sah es der Junge und sprang noch mit genauer Noth aus dem Fenster und sagte es dem Bedienten des Offiziers; der lief schnell zu seinem Herrn und erzählte es ihm. Da kam der Offizier gleich angelaufen; er las in dem Buche rückwärts, da verschwanden die Geister. Dem Jungen aber sagte er, das sollte er nicht wieder probieren, sonst könnte es ihm schlecht ergehen.


44.

Einem Bauern gingen immer die Schweine todt, den Tag vorher, wenn er sie schlachten wollte. Er ging zum Schinder, den um Rath zu fragen, und der sagte ihm: er sollte die todten Schweine im Garten an die Hecke legen und aufpassen, wer dann käme. Der Bauer that, wie ihm gesagt war. Da kam die Nachbarin und holte das Schwein weg. – Am andern Tage ging der Bauer zu ihr hin und wollte von ihr das Hexen lernen, um zu sehen, ob sie eine Hexe wäre. Die Alte sagte, das könnte sie nicht, und er sollte sich doch ums Himmelswillen mit so was ja nicht abgeben. Doch zuletzt, da er schon fortgehen wollte, rief sie ihn wieder zurück, und er mußte mit ihr in die Kammer kommen und sollte sagen: »Eck denk an ’n pott un sch... in gott.« Der Bauer aber sagte: »Eck sch... in ’n pott un denk an gott.« Danach sprach er: »Ja, warte, du alte Hexe, jetzt geh ich zum Gericht und verklage dich.« Das that er, und die Hexe wurde weg geholt. – Als sie zur Probe schwimmen sollte und ins Wasser geworfen wurde, rief sie den Teufel, der hatte ihr versprochen, ihr eine Eisenstange zu bringen, damit sie unterginge. Aber da kam ein Rabe geflogen und brachte ihr eine Nähnadel. Die sollte ihr wohl was helfen! und richtig schwamm sie oben. – Der Bauer war auch festgesetzt, bis sich zeigte, ob seine Anklage nicht falsch gewesen war. Der Henker hatte ihm versprochen, mit dem Hute zu winken, wenn die Sache für ihn günstig abgelaufen wäre. Als nun die Hexe oben schwamm und wieder zurück gebracht wurde, winkte der Henker mit dem Hute; das sah der Bauer durch das Gefängnißgitter, und er rief der Hexe zu: »Nun, Anneke, wie gefiel dir das Bad?« Für das Spottwort mußte er noch sechs Wochen sitzen; die Hexe aber wurde verbrannt.

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_134.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)