Seite:Busch Ut oler Welt 114.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

sprechen: »Aber hagen un tüne.« Dann ziehen sie zum Fenster hinaus. – Der Bursche will sehen, wo sie bleiben, machts auch so wie sie, versieht sich aber und sagt: »Dör hagen un tüne.« So muß er durch alle Hecken hindurch und kommt ganz zerrissen bei der Hexenversammlung an. – Seine Geliebte sagt ihm, daß er nichts mitnehmen dürfe als was man ihm gäbe. Es geht lustig her, sie tanzen und trinken Wein und der Bursche bekommt ein Weinglas mit goldenem Fuß, das steckt er ein.[1] Als alles vorbei ist, erhält jedes ein Thier zum Nachhausereiten. Der Junge kriegt ein jähriges Kalb, und es wird ihm gesagt, was auch geschieht, er darf unterwegs bei Leibe nicht sprechen. Sie kommen an einen großen Fluß; das Kalb springt in einem Satze hinüber. Da sagt der Junge erstaunt und verwundert: »Das war ein Sprung für ein jährig Kalb!« Im selben Augenblick fällt er zur Erde und bleibt ganz betäubt liegen; das Weinglas in seiner Tasche ist zum Pferdefuß geworden. Er muß zwei Jahre wandern, ehe er wieder in seine Heimath kommt.


6.

Friederike Büsching hat diese Geschichte selbst erlebt und mir erzählt: Als sie noch ein Kind war, ging sie eines Abends zu Leuten, um da Zichorien zerschneiden zu helfen. Es war eine ganze Gesellschaft versammelt. Ein alter Kerl, der mit im Hause wohnte, kam auch herein und sagte, er wolle ihr auch was schenken, weil sie am fleißigsten wäre. So gab er ihr zwei Senfbirnen, und sie aß davon. Ein Junge, der bei ihr saß, stieß sie mit dem Ellenbogen an und sagte, sie sollte nicht davon essen, das würde ihr nicht gut bekommen; und als sie ihm eine Birne abgab, biß er erst dreimal was davon und spuckte jedesmal das Stück weg. Dann aß er die Birne. Als sie nach Hause kam, wurde sie krank, daß sie sich nicht zu helfen wußte; als sie es dem Pastor erzählte, sagte der, das wäre dummes Zeug. Da wurde nach Verden zu einem Manne geschickt, der so was kannte und gleich sah, wo’s fehlte. Er schickte ihr etwas zum Einnehmen, und sie mußte schrecklich würgen und brachte mit vieler Mühe eine Kielpogge (Eidechse) heraus; die saß da vor ihr auf dem Bette und sah sie so recht grall an, als wenn sie sagen wollte: »Wie gefalle ich dir?« dann huckte sie vom Bette hinunter und war unter der Bettsponde verschwunden. Danach mußte sie noch eine ganze Menge Kielpoggen von sich geben, worauf es besser mit ihr wurde. Dem Jungen hatte die Birne nicht geschadet, weil er drei Stücke davon abgebissen und ausgespieen hatte.


  1. Nach einer anderen Erzählung setzt der Junge sich auf einen Baum und sieht zu, was geschieht. Da wird die Braut geschlachtet und verzehrt. Der Junge nimmt sich heimlich eine Rippe weg. Als die Hexen mit Essen fertig sind, sammeln sie die Knochen wieder zusammen. Da fehlt eine Rippe, die können sie nicht finden; sie sagen: »Wenn auch eine Rippe fehlt, darum können wir das Mädchen nicht todt lassen« und machen es so wieder lebendig.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_114.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)