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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

blanken Beile die zarten Finger ab. Da sprang der eine Finger, worauf ein schöner Goldring stak, abseit und fiel mir mitten in den Schooß. Du suchtest ihn, mein Schatz, du konntest ihn nicht finden – hier ist der Finger mit dem Ring!« Bei den Worten warf die Prinzessin den Finger mit dem Goldring auf den Tisch. Da wurde der Mörder blaß wie der Tod, er sprang auf, zückte sein Messer und wollte die Prinzessin erstechen; aber die Gäste faßten ihn und banden ihn und übergaben ihn der Wache, und eine Zeit darnach ward der Bösewicht gerichtet, wie er es verdient hatte.


41. Hans Hinrich Hildebrand und der Pfaffe.

Es war einmal ein Bauer mit Namen Hans Hinrich Hildebrand, der hatte eine junge hübsche Frau; sie hielt es aber leider mit dem Pfaffen, und weil sie darum ihren Mann gerne aus dem Wege gehabt hätte, so beredete sie ihn, er wäre krank und müsse nach dem heiligen Brunn, ob es dann nicht besser mit ihm würde. Der treuherzige Hans Hinrich machte sich auch alsbald auf den Weg. Da begegnete ihm der Stutenkerl (Bäcker) mit seiner Stutenkiepe. »Nun, Hans Hinrich,« fragte ihn der Stutenkerl, »wo willst du denn hinzu?« »Ach Gott«, sagte der Bauer, »meine Frau hat gesagt, ich wäre krank; nun will ich nach dem heiligen Brunn, ob es da nicht besser mit mir wird.« »Sei kein Tropf, Hans Hinrich«, sprach der Stutenkerl; »deine Frau will dich nur aus dem Wege haben; was gilts? Heut Abend wird der Pfaff bei ihr sein.« Als der Bauer das vernahm, kehrte er wieder mit um, und die beiden beredeten sich und machten einen Anschlag, daß der Bauer sich sollte in des Bäckers Semmelkorb setzen, so sollte ihn der Bäcker des Abends zu der Frau ins Haus bringen.

Die Frau hatte auch richtig den Pfaffen eingeladen und hatte ihm ein gutes Mahl angerichtet, und als sie sich eben zum Essen setzen wollten, da klopfte der Stutenkerl an die Thür und bot seine Semmeln an. Das war der Frau eben recht, daß sie nun zu dem Mahle auch frische Semmeln haben konnte, und in ihrer Freude lud sie den Stutenkerl ein, in die Stube zu kommen und mitzuessen. »Ja, recht gern!« sagte der Stutenkerl; »aber meine Kiepe muß ich mit hineinnehmen, es möchte mir sonst hier draußen, der weil ich esse, der Hund oder die Katze über die Semmeln kommen.« So nahm er denn die Kiepe, mit dem Bauern darin, der sich mäuschenstill verhielt, mit in die Stube und hängte sie an einen Haken an die Wand; dann setzten sich die drei, der Pfaff, die Frau, der Stutenkerl, zu Tisch und aßen und tranken. – Der Pfaff, da er seinen Bauch wohl gepflegt hatte, ward über die Maßen munter. Er brachte in Vorschlag, es sollte ein jeder von ihnen ein lustig Reimlein singen, so gut oder so schlecht, wie’s ihm gerade in den Sinn käme.

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_110.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)