Seite:Busch Ut oler Welt 105.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

tanzen lassen, aber es tanzte nicht; sie spielte die schönsten Tänze, die sie nur wußte, sie liebkoste das Thier, sie streichelte es, aber das Ferklein tanzte nicht. »Ach Gott«, rief die Prinzessin da, »das Thierchen will gewiß nicht tanzen, weil es keinen Gespielen bei sich hat; ich muß sehen, daß ich noch eins dazu kriege.« Sie war aber ganz traurig, daß ihr Ferkelchen gar nicht tanzen wollte.

Den andern Tag hüthete der Junge wieder sein Vieh in der Nähe des Schlosses. Da schickte die Prinzessin zum zweiten Male zu ihm, ob nicht von den beiden Ferklein noch eins zu kaufen stände. »Zu kaufen nicht«, ließ der Junge wieder sagen, »aber abzuverdienen. Wenn ich noch eine Nacht bei der Prinzessin ihrer Kammerjunfer im Bette schlafen soll, so will ich auch das andere Ferkelchen hergeben; anders thu ich es nicht.« Die Prinzessin, die doch gar zu gern das Ferkelchen gehabt hätte, ließ dem Jungen seinen Willen. Darnach, als sie das Ferklein hatte, brachte sie es zu dem andern, nahm ihre Pfeife hervor und blies viel schöne Stücklein, aber die Ferklein tanzten nicht; nun sah sie wohl, daß die Pfeife die Schuld hatte; darum so wartete sie mit Ungeduld, da der Junge wiederkäme, ob sie nicht von ihm das dritte Ferkelchen sammt der Pfeife erlangen könnte.

Der Junge kam den andern Tag auch richtig wieder an, legte sich unter den Eichbaum in den warmen Sonnenschein und ließ sein einziges Ferkelchen nach der Pfeife tanzen, Galopp und Walzer, kurz alle Tänze, wie sie des Landes Brauch waren. Da schickte die Prinzessin zu ihm hin und ließ fragen, ob nicht auch das dritte Ferklein sammt der Pfeife zu verkaufen wäre. »Zu kaufen nicht«, ließ der Junge wieder sagen, »aber abzuverdienen. Wenn ich diese Nacht bei der Prinzessin selber im Bette schlafen soll, so will ich darum gern mein Ferkelchen sammt der Pfeife geben.« Als das die Prinzessin vernahm, war es ihr doch ein wenig zu arg; weil sie aber doch gar zu gerne das Ferkelchen und die Pfeife gehabt hätte, so ließ sie dem Jungen sagen, ob es ihm nicht einerlei wäre, wenn er noch eine Nacht bei der Kammerjunfer im Bette schliefe. »Ne!« antwortete der Junge, »hier ist nichts zu handeln. Wenn die Prinzessin nicht will, was ich gesagt habe, so ist es auch gut, so behalte ich mein Ferkelchen und meine Pfeife.« Da sah die Prinzessin wohl ein, daß kein anderer Rath war, sie mußte dem Jungen seinen Willen lassen. Nun hatte sie aber auch alle die drei kleinen bunten Ferklein beisammen, die tanzten gar drollig nach dem Tone der Pfeife, Galopp und Walzer, kurz alle Tänze, wie sie im Lande Brauch waren, und das war für die Prinzessin so ergötzlich, daß sie gar nicht müde ward, den Thierchen aufzuspielen. Dem Jungen aber, nun er seine Ferkelchen und seine Pfeife nicht mehr hatte, gefiel es in der Gegend gar nicht mehr; darum so begab er sich auf die Wanderschaft und ging ein gut Stück Weges in die weite Welt hinein.

Es begab sich aber zu derselben Zeit, daß der König in allen Ländern

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_105.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)