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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

stand ein Feuerzeug, das steckte er auch noch alles ein, denn er war ein großer Freund vom Rauchen, und darnach so beeilte er sich, daß er aus dem Schlosse noch zu rechter Zeit wieder herauskam. Es war auch die höchste Zeit gewesen, denn kaum war er wieder bei dem großen Stein angelangt, so schlug die Glocke Eins, und die wilden Thiere erwachten und brüllten fürchterlich.

Der Soldat ging nun mit seinem vielen Gelde weiter, kam auch glücklich aus dem Walde und gelangte in die Stadt, wo der König Hof hielt. Er erkundigte sich gleich nach dem vornehmsten Gasthofe, ging hinein und verlangte Herberge und weil er so zerlumpt und schmutzig aussah, brachte ihn der Wirth in die Bedientenstube. »Das ist ja hier eine elende Wirthschaft«, sprach der Soldat; »bringt mir Wein her!« Da ging der Wirth hin und holte ein Flasche von der schlechtesten Sorte und meinte, die wäre für so einen Lump wohl gut genug; aber der Soldat, der in dem verwünschten Schlosse den köstlichen Wein getrunken hatte, wußte wohl was gut schmeckte, probte den Wein, schnitt ein Gesicht und rief: »Bah! der Wein ist ja gar nicht zu genießen! Bringt bessern her!« Der Wirth bequemte sich und holte eine Flasche von der Mittelsorte; aber der Soldat, da er ihn geprobt hatte, rief wieder: »Bah! bringt bessern her! Es koste, was es will; hier ist Geld!« Damit warf er ein paar Goldstücke auf den Tisch. Als das der Wirth sah, wurde er auf einmal ganz höflich, ging in den Keller und brachte eine Flasche vom besten. »So!« sprach der Soldat, »der läßt sich trinken. Nun gebt mir auch ein besseres Quartier, daß ich aus diesem elenden Loche komme.« Da brachte ihn der Wirth mit tiefen Bücklingen in das schönste Zimmer, das er im Hause hatte. »Jetzt, Herr Wirth!« sprach der Soldat, »bringt mir einen Juden her, daß er mir Kleider und Wagen und Pferde schafft.« Der Jude kam. »Hör mal Jude,« sprach der Soldat, »du kannst mir wohl schöne Kleider schaffen, wie sie der König trägt, auch drei Kutschen und zu jeder Kutsche sechs Pferde; sechs Schimmel, sechs schwarze und sechs Isabellen.« »Das ist recht schön!« schmunzelte der Jud; »aber hat der Herr auch Geld dazu, mit Verlaub zu fragen?« »Hier, Jude, hast du Geld,« sprach der Soldat, griff in die Tasche und warf ein paar Hände voll Goldstücke auf den Tisch. Der Jude strich das Geld schmunzelnd ein und ging unter tiefen Bücklingen zur Thür hinaus. Er hatte auch bald alles aufs beste besorgt, wie es der Soldat gewünscht hatte. Der lebte nun alle Tage in Saus und Braus, und jeden Mittag, wenn er gegessen hatte, fuhr er in seiner Kutsche durch die Stadt und vor des Königs Schlosse vorbei.

Es hatte der König aber drei Töchter, die sahen von ihrem Fenster aus, wie der Soldat in seinem prächtigen Kleide und in seiner schönen Kutsche da jeden Tag vorbei fuhr. Da sprach die älteste: »Das ist gewiß ein reicher Prinz, den will ich mal zu Gaste bitten.« Sie schickte ihren Diener nach dem Gasthofe und ließ den Soldaten zu sich einladen. Er kam auch und brachte eine ganze Tasche voll Goldstücke mit. Nach dem Essen wurde

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_079.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)