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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

das schmeckte so schön, daß sie noch ein zweites Stück abschnitt, und als sie erst in den Geschmack kamen, da verzehrten sie endlich den ganzen Braten. »O weh,« sprach da die Frau, »was soll ich nun sagen, wenn mein Mann zu Hause kommt und findet den Braten nicht.« »Och,« sagte die alte Slüksche, »wenn er fragt, so sagt nur, Ihr wüßtet von nichts; er möchte wohl geträumt haben.« Damit wischte sie ihr Maul und ging weg.

Den Mittag, da der Bauer zu Hause kam und die Frau ihm sein gewöhnliches Essen vorsetzte, fragte er, wo denn der Hase wäre, den sie ihm auf den Mittag hätte zurichten sollen. »Ich habe keinen Hasen gesehen,« antwortete die Frau und stellte sich ganz verwundert. »Ei!« sprach der Mann »ich habe dir doch diesen Morgen durch den Knecht einen Hasen geschickt und dabei sagen lassen, du solltest ihn auf den Mittag zurechtmachen, und nun weißt du von nichts?« »Ach Mann, das hat dir die Nacht wohl nur geträumt; besinne dich nur recht, so wird es dir wohl einfallen.« Es ist doch sonderbar, dachte der Bauer, daß man so lebhaft träumen kann, meinte ich doch, ich hätte meiner Frau einen leibhaftigen Hasen geschickt, und nun ist es doch nur ein Traum gewesen.

Eine Zeit darnach trug es sich zu, daß der Bauer auf dem Felde eine Wachtel fing; da schickte er sie durch den Knecht zu seiner Frau und ließ ihr sagen, sie sollte die Wachtel auf den Mittag braten und zurecht machen. Die Frau kriegte das Wachtelchen auch gleich in die Pfanne, und als es nun recht briet und brutzelte, so hatte es die alte Slüksche mit ihrer Schnüffelnase gleich gewittert und kam in die Küche geschlichen, und als sie da das Wachtelchen so schön braun in der Pfanne liegen sah, sprach sie zu der jungen Frau: »Ach Gott, Nachbarin, das riecht so schön und ist so appetitlich; lasse Sie uns doch ein Stückchen davon probiren.« »Ach nein!« sagte die Frau; »wenn das mein Mann merkt, so kriege ich Schläge.« »Ach nur ein kleines bißchen«, sprach die alte Slüksche; »das merkt er ja nicht.« Da ließ sich die Frau bereden und schnitt dem Wachtelchen erst ein Bein ab, und dann das andere, und endlich verzehrten die beiden das ganze Wachtelchen, daß nichts davon überblieb. »O weh,« sprach da die Frau; »was fange ich nun an, wenn mein Mann zu Hause kommt und findet das Wachtelchen nicht?« »Och,« sagte die alte Slüksche; »wenn er fragt, so sagt nur, das möchte ihm wohl geträumt haben.« Damit wischte sie ihr Maul und ging weg.

Den Mittag, da die Frau ihrem Manne sein gewöhnliches Essen brachte, fragte er, wo denn das Wachtelchen wäre, das er ihr diesen Morgen geschickt hätte. »Du hast wohl wieder geträumt,« sprach die Frau und that ganz verwundert, »ich habe kein Wachtelchen gesehen.« »Ei!« sagte der Bauer, »es ist doch sonderbar, daß man so lebhaft träumen kann.« Aber diesmal hatte er doch gemerkt, daß ihn seine Frau zum besten hatte und dachte, warte nur, dich will ich anführen, schnitt sich drei Haselstöcke und brachte sie heimlich

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_068.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)